Schadenersatz für Diesel: Opfer haben kaum eine Chance

Mit dem Urteil des EuGH sind Klagechancen auf Schadenersatz für Diesel gestiegen. Die Erfolgsaussichten sind trotzdem eher gering.

Mercedes Logo hinter einer dreckigen Scheibe

Automobilhersteller verpesteten über viele Jahre die Luft mit dreisten Lügen und Abgasfiltern Foto: Marijan Murat/dpa

Über viele Jahre hat der stolze Motor unserer Wirtschaft mit seinen Motoren derart dreist gelogen und betrogen, dass noch jeder Lügendetektor auf der Stelle hätte implodieren müssen. Die Automobilbranche verbaute heimlich Abschaltautomatiken für Diesel-Abgasfilter. So konnten die feinen Karren ihre Giftcocktails munter weiter auspusten. Und sie tun es offenbar bis heute, wie neue Messungen zeigen.

Noch schlimmer war und ist das Nichtstun der Behörden, die Millionen Dreckschleudern auf der Stelle hätten stilllegen müssen. Und die Politik, egal welcher Kasperledarsteller gerade das Verkehrsministerium besetzt, von Dobrindt über Scheuer bis zu diesem Wissing, dem aktuellen Tatentotalverweigerer in allen autobahnfernen Sphären.

Mit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs diese Woche sind die Klagechancen auf Schadenersatz gestiegen. Das ist schön. Aber: Welcher Schaden eigentlich? Wenn ein Motor per Thermofilter geschont wird, ist das doch ökonomischer Nutzen!

Dieseldosenbesitzer verweisen auf einen möglichen Wertverlust bei Weiterverkauf und auf angeblichen Leistungsverlust nach Umbau. Zudem sei das gute Öko-Gewissen torpediert. Nun weiß man wenig über das Gewissen von Fahrern eines Porsche Cayenne Diesel V8 mit schnuckeligen 385 PS oder der Besitzerin eines Mercedes Protzbrumm GLE 350 De 4MATIC XXLplus. Aber vor dem Gesetz ist alles Dosenfleisch gleich.

Klagen müssten die vergifteten BürgerInnen, deren Lungen ersatzweise als Abgasfilter missbraucht werden. Mit wenig Erfolgsaussichten, ein „großer Schwachpunkt“ des EuGH-Urteils, wie die Deutsche Umwelthilfe meint. Atemopfer müssten schon direkt an einer Messstelle wohnen, sonst zerpflückt der Gegenseite-Anwalt jede Klage: Keine Daten, keine Grundlage.

Lungenkrebs – naja, wohl Raucher, oder? Pseudokrupp – das wächst sich bis zur Einschulung bestimmt raus. Klimameucheln? Ach, was da alles in der Luft ist… Schäden müssen rechtssicher zuzurechnen sein. Man kann ja auch nur schätzen, wie viele zigtausend Menschen durch Abschalt-Hightech Made by Germany’s klügsten Ingenieuren schon elendig verreckt sind.

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Sohn des Ruhrgebiets, Jahrgang 1956, erfolgreich abgebrochenes VWL- und Publizistikstudium, schreibe seit 1984 für die taz – über Fußball, Golf, Hambacher Wald, Verkehrspolitik, mein heimliches Lieblingsland Belgien und andere wichtige Dinge. Lebe und arbeite als leidenschaftlich autoloser Radfahrer in Aachen. Seit 2021 organisiere und begleite ich taz-LeserInnenreisen hierher in die Euregio Maas/Rhein, in die Nordeifel und nach Belgien inkl. Brüssel. Bücher zuletzt: "Die Zahl 38.185" - Ein Fahrradroman zur Verkehrswende (2021). "Ach, Aachen!" - Textsammlung aus einer manchmal seltsamen Stadt (2022).

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