Mitgliederentscheid der Berliner SPD: Nächster Wahlkampf hat begonnen

Ab jetzt können die SPD-Mitglieder über die Koalition mit der CDU abstimmen. Die taz hat mit den Initiatorinnen der Ja- und Nein-Kampagne gesprochen.

Parteitag der Berliner SPD

Unter den Delegierten des Landesparteitags wären die Gegner der Groko in der Mehrheit Foto: snapshot-photography/F.Boillot

BERLIN taz | Einen Tag nach der Vorstellung des Koalitionsvertrags hat am Dienstag der nächste Wahlkampf begonnen. Ja? Oder nein? Vor dieser Frage stehen bis zum 21. April mehr als 18.000 Mitglieder der Berliner SPD. Sie entscheiden darüber, ob ihre Partei den Koalitionsvertrag mit der CDU unterschreiben darf oder nicht. Am 23. April wird das Ergebnis dann bekannt gegeben.

Pünktlich zum Start des Mitgliederentscheids haben die Befürworterinnen und Befürworter der Koalition eine Kampagne unter dem Hashtag „Besser mit uns“ gestartet. „Die SPD muss Verantwortung für Berlin übernehmen“, heißt es dort. „Berlin braucht die SPD, damit Berlin für alle funktioniert.“

Astrid Hollmann räumt ein, dass #BesserMitUns auch eine Reaktion auf die No-Groko-Kampagne der Jusos war. „Gleich nachdem klar war, dass die SPD die Verhandlungen mit der CDU aufnimmt, startete die Gegenkampagne“, sagt Hollmann der taz. „Ich fand das sehr unangenehm, weil es eine Kampagne gegen etwas war, ohne zu wissen, worum es inhaltlich ging.“

Astrid Hollmann ist Sozialdemokratin in Mitte, jenem Kreisverband der SPD, in dem besonders intensiv über Ja oder Nein gerungen wird. Und sie ist eine der Mitinitiatorinnen der Kampagne #BesserMitUns. „Es gab Leute, die haben gesagt, ich traue mich nicht, dafür zu sein“, erinnert sich Hollmann, die in der Senatskanzlei als Referentin arbeitet. „Also haben wir gesagt, wir müssen was tun.“

Juso-Chefin optimistisch

Während Astrid Hollmann für die Ja-Kampagne steht, ist Sinem Taşan-Funke das Gesicht der Nein-Kampagne. Die „größte Kampagne, die die Berliner SPD je gesehen hat“, solle es werden, das hatte die Juso-Vorsitzende schon vor ein paar Wochen angekündigt. Nun, da der Wahlkampf um die Mitglieder begonnen hat, sagt Taşan-Funke der taz: „Die Kampagne läuft gut, auch wenn vieles nach außen nicht sichtbar ist.“ Wichtig sei es jetzt, ins Gespräch mit den Mitgliedern zu kommen. „Wir haben volle Terminkalender und gehen durch die Abteilungen.“

Mit Neukölln, Steglitz-Zehlendorf, Tempelhof-Schöneberg und Friedrichshain-Kreuzberg haben sich schon im Vorfeld vier mitgliederstarke SPD-Kreisverbände gegen eine Koalition mit der CDU ausgesprochen. Bei einem Landesparteitag hätten sie vermutlich eine Mehrheit gegen den Koalitionsvertrag auf die Beine bringen können. Doch die Basis, das ist die Hoffnung von Franziska Giffey und ihres Landesvorstands, tickt womöglich anders.

Wie genau sie tickt, kann aber auch Juso-Chefin Sinem Taşan-Funke nicht genau sagen: „Wen wir nicht erreichen, sind diejenigen, die nicht zu den Veranstaltungen kommen.“ Die wolle man nun über „Mundpropaganda“ ansprechen.

Zwei Mitgliederforen in Präsenz und vier in digitaler Form hat die Berliner SPD geplant, das erste fand am Dienstagabend (nach Redaktionsschluss) statt. Schon jetzt aber läuft die Auseinandersetzung um den Koalitionsvertrag auf Twitter. „Ich werde gegen die Groko in Berlin stimmen und hoffe, dass viele Ge­nos­s*in­nen das auch tun“, schreibt etwa Yannick Haan, der Kreisvorsitzende der SPD in Mitte. Als Gründe nennt er die innere Sicherheit und die Mobilitätspolitik.

Dass es in diesen Bereichen Bauchschmerzen gibt, räumt Astrid Hollmann ein. „Am meisten diskutieren wir über innere Sicherheit und Verkehrspolitik“, sagt sie der taz. Dabei gehe es nicht nur um die Erweiterung des ÖPNV-Angebots, das im Koalitionsvertrag vereinbart sei. „Wenn neue Radwege kommen, werden auch Parkplätze wegfallen“, sagt sie. Ihre Partei wolle dafür sorgen, auch wenn das Thema Verteilungsgerechtigkeit auf den Straßen nicht im Koalitionsvertrag steht.

Den 135-Seiten starken Koalitionsvertrag nennt Hollmann eine „Grundlage“, auch wenn viele Punkte noch nicht abschließend geklärt seien. Aber auch Prüfaufträge seien „geeinte Projekte“, auf die sich CDU und SPD grundsätzlich geeinigt hätten, sagt sie. Auch wenn diese am Ende an der Finanzierung scheitern könnten.

Diesen Optimismus teilt Sinem Taşan-Funke nicht. „Nach dem Mitgliederentscheid wird die CDU ihr wahres Gesicht zeigen“, prophezeit sie. Der Harmonie, die Franziska Giffey und der designierte Regierende Bürgermeister Kai Wegner derzeit zur Schau stellen, traut sie nicht. „Der Umgang miteinander entspricht nicht den inhaltlichen Schnittmengen“, sagt Taşan-Funke und verweist auf die 107 Punkte im Koalitionsvertrag, zu denen es Prüfaufträge gebe. Soll heißen: Am Ende entscheidet ein CDU-Finanzsenator, was davon kommt und was nicht.

Und wie geht es aus? „Ich glaube, wir haben gute Chancen zu gewinnen“, sagt Taşan-Funke.

Astrid Hollmann sagt: „Wir haben noch ein Stück Weg vor uns.“ Dass dieser Weg einfach werden wird, glaubt sie nicht. „Die Stimmung ist aufgeheizt.“

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