Rentenreform in Frankreich: Sture Staatsführung

Während Frankreichs Präsident Macron nach Peking fliegt, muss sich die daheimgebliebene Regierungschefin den Gewerkschaften stellen – ohne Handlungsspielraum.

Frankreichs Premierministerin Elisabeth Borne spricht am Mittwoch mit Pres­se­ver­tre­te­r:in­nen Foto: Bertrand Guay/dpa

Der französische Präsident lässt seine Regierungschefin den Ärger ausbaden, den er selbst angerichtet hat. Die Lage der Premierministerin scheint mittlerweile ausweglos. Elisabeth Borne hat auf Druck der Öffentlichkeit Gewerkschaftsvertreter empfangen. Da aber Präsident Emmanuel Macron auch nur die kleinsten Zugeständnisse im Streit über die Rentenreform ausschließt, waren die Beratungen im Voraus zum Scheitern verurteilt.

Und selbst für diesen misslungenen Dialogversuch will Macron seinen Kopf nicht hinhalten, sondern zieht es vor, sich auf diplomatische Reise in die Volksrepublik China zu begeben. Ob er dort von seinem Gastgeber Xi Jinping in Sachen Unterdrückung der Opposition der Bevölkerung noch etwas dazulernt? Seine Staatsführung ist aktuell jedenfalls keine andere als repressive Ordnungspolitik gegen die breite Ablehnung seiner Reform. Er allein trägt die Verantwortung, wenn der Konflikt sich nun weiter verschärft.

Selten sah man in Frankreich eine Staatsführung, die sich mit solcher Sturheit von der Bevölkerung distanziert und auf derart arrogante Weise über einen legitimen Widerstand hinwegzusetzen versucht. Mit dieser Haltung schürt sie die Wut. Die Gewerkschaftsführungen könnten die Kontrolle verlieren. Der Konflikt droht zu einer Staatskrise zu eskalieren. Eine Diskussion ist schon jetzt kaum noch möglich. Beide Parteien setzen auf die bedingungslose Kapitulation der gegnerischen Seite.

Macron und seiner Regierung ist es seit Jahresbeginn zu keinem Zeitpunkt gelungen, glaubhaft zu erklären, warum diese Reform in der aktuellen Form wirklich unverzichtbar sei. Die offiziellen Argumente einer finanziellen Dringlichkeit zur Sicherung des Systems auf mittlere Frist wurden hinlänglich widerlegt, die Versprechen, entstehende Ungerechtigkeiten durch kompensierende Maßnahmen abzufedern, als Lügen demontiert. So bleibt nur ein Grund, an dieser Reform festzuhalten: die Autorität von Staatschef Macron.

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Frankreich-Korrespondent der taz seit 2009, schreibt aus Paris über Politik, Wirtschaft, Umweltfragen und Gesellschaft. Gelegentlich auch für „Die Presse“ (Wien) und die „Neue Zürcher Zeitung“.

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