Behandlung von Parkinson: Weicher Draht für schwache Nerven

Künstliche Elektroden im Gehirn können bei Parkinson Symptome lindern, sind aber schwer verträglich. Nun ist eine Alternative entwickelt worden.

Zebrabärblinge im Aquarium

In einer Grundlagenstudie testeten die For­sche­r*in­nen das Gel an Zebrafischen – mit Erfolg Foto: Imago

Die Krankheit Parkinson, bei der Nervenzellen im Gehirn langsam absterben, ist weit verbreitet. Bei Betroffenen führt sie unter anderem zu Muskelzittern und Bewegungseinschränkungen. Die Deutsche Parkinson Vereinigung schätzt, dass in Deutschland etwa 260.000 Menschen von der neuronalen Erkrankung betroffen sind.

Eine Therapie zur Heilung gibt es nicht. Medikamente oder der Einbau von künstlichen Elektroden können aber die Symptome lindern. Die Elektroden funktionieren wie eine Art Hirnschrittmacher: Sie übernehmen die Funktion der abgestorbenen Nervenzellen und leiten Signale weiter. Doch bei dieser Therapie gibt es auch Probleme: Das umliegende Gewebe kann beschädigt werden, wenn die Elektroden eingesetzt werden. Manchmal wird das Material auch nach einer Weile vom Körper abgestoßen.

For­sche­r*in­nen der Universität Linköping in Schweden haben jetzt ein Gel entwickelt, das die Therapie mit Elektroden in einigen Jahren ersetzen könnte. Das Gel lässt sich mit einer Spritze punktgenau in den Körper einführen. Es besteht aus Molekülen und Enzymen, die mit Abbauprodukten wie Zucker oder Milchsäure reagieren, die natürlicherweise im Gehirn vorkommen.

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Bei dieser Reaktion wird ein Polymer gebildet, ein langkettiges Molekül. Das funktioniert wie ein weicher Draht, kann also ebenfalls Signale weitergeben. Die so entstehende Elektrode hat in etwa die Konsistenz von Gummibärchen.

Die Studie

In einer Grundlagenstudie testeten die For­sche­r*in­nen das Gel an Zebrafischen – mit Erfolg. Den Wissenschaftler*in­nen gelang es, in den Flossen der Fische die erwünschten Polymere zu bilden. Die Fische zeigten in den darauffolgenden Beobachtungen keine negativen Verhaltensänderungen.

Das besondere Potential des Gels zeigten die Wis­sen­schaft­le­r*in­nen an den Herzen der Zebrafische. Dort spritzen sie ein Gemisch, das nur bei einer bestimmten Glukosekonzentration reagiert. Dadurch bildeten sich die Elektroden genau an der gewünschten Stelle. Die For­sche­r*in­nen hoffen, dass sich so auch in Gehirnen von Menschen eine zielgenaue Therapie umsetzen lässt – auch in Bereichen, in die man bisher nicht gelangt. In einem Beitrag für das Wissenschaftsjournal Science beschreiben sie die Vision, ein Material zu entdecken, das leitfähig, langfristig stabil, ungiftig und leicht injizierbar ist.

Was bringt’s?

Vom Fisch zum Menschen ist es ein weiter Weg. Noch steht die Forschung mit Gel-Polymeren ganz am Anfang. Die Fische zeigten zwar keine Auffälligkeiten, allerdings wurden sie auch nur drei Tage nach der Injektion beobachtet. Jetzt ist eine Langzeitstudie notwendig. Langfristig könnte die Erfindung aber bei der tiefen Hirnstimulation oder Regeneration von geschädigten Nerven helfen – nicht nur bei Parkinson. Auch an anderen Stellen wollen die For­sche­r*in­nen das Gel ausprobieren, zum Beispiel, um den Wundheilungsprozess zu unterstützen.

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