Ungleicher Ausstoß von Treibhausgasen: Klimasünder zur Kasse, bitte!

Reiche tragen viel mehr zur Erderhitzung bei. Wie kann man sie dafür zahlen lassen? Drei Vorschläge für Steuern gegen die Klimakrise.

Autos versinken im Wasser

Überschwemmungen – oft eine Folge des Klimawandels Foto: David Swanson/reuters

Laut Bundesumweltministerium liegt der durchschnittliche CO2-Fußabdruck pro Kopf in Deutschland bei 10,8 Tonnen. Diese Zahl täuscht vor, dass Emissionen gleich verteilt sind. Dem ist nicht so. Das reichste Prozent verbraucht im Vergleich zu den Ärmsten fast das 35-fache. Diese Angaben stützen sich auf die Daten den World Inequality Labs, die die taz für Deutschland auswertete. Weil diese Ungleichheit ein globales Problem ist, werden weltweit Modelle erarbeitet, wie man Reiche für klimaschädliches Verhalten zahlen lassen kann. Hier stellen wir drei Modelle vor und ein Autor der Weltklimaberichte schätzt ein, ob und wann sie Sinn machen.

Die Klimasteuer für Reiche

Der Hintergrund: Je mehr Menschen verdienen, desto höher sind im Schnitt ihre Emissionen. Das ist weltweit so. In Kalifornien hat der Jurist Bill Magavern einen konkreten Vorschlag erarbeitet, wie Reiche dafür zahlen sollen.

Er schlägt vor, dass in Kalifornien erwirtschaftete Einkommen von über 2 Millionen Dollar jährlich mit 1,75 Prozent Klimaabgaben besteuert werden. Das Geld soll der Verkehrswende und der Bekämpfung von Waldbränden zugutekommen. Denn Kaliforniens größte Emissionsquelle ist der Verkehr, und der Bundesstaat kämpft Sommer für Sommer mit Feuersbrünsten. Die Klimasteuer schaffte es in die politische Diskussion, scheiterte aber in einer Abstimmung im November 2022. 42 Prozent stimmten für den Vorschlag.

Die Einschätzung: Felix Creutzig ist Mitautor der letzten Weltklimaberichte des IPCC und forscht zur Rolle von wohlhabenden Menschen bei Treibhausgasemissionen. Er sagt zur Klimasteuer: „Das Konsumverhalten ist nicht nur für sich genommen wichtig, sondern auch dahingehend, dass viele andere dem nacheifern.“ Solange wir Reichsein mit dicken Karren verbinden, kaufen mehr Leute immer größere Autos. „Dieser Effekt führt in ungleichen Ländern dazu, dass alle mehr konsumieren, um sozial gut dazustehen.“

Gegen die Klimasteuer spricht, dass ein Großteil der Emissionen von Menschen ausgestoßen wird, die weniger als 2 Millionen Dollar jährlich verdienen. „Auch die mittleren Einkommen fahren SUV. Wichtig sind vielleicht die Top 20 Prozent“, sagt Creutzig.

Die Viel­flie­ge­r*in­nen­steu­er

Der Hintergrund: Je häufiger eine Person fliegt, desto teurer sollte es werden. Das schlägt der Internationale Rat für sauberen Verkehr (ICCT) vor. Der Thinktank setzt sich für klimafreundliche Mobilität weltweit ein. Er empfiehlt eine Steuer, die ab dem zweiten Flug im selben Jahr wirkt. Während der erste Flug also noch steuerfrei ist, zahlen Flugpassagiere 9 US-Dollar Aufpreis auf den zweiten. Der zwanzigste Flug im selben Jahr kostet Reisende dann 177 Dollar zusätzlich. So ließen sich etwa 121 Milliarden Dollar jährlich erwirtschaften, schätzt der ICCT. Das Geld soll in Technologien fließen, die die Emissionen des Flugverkehrs reduzieren. Wer das Geld am Ende verwaltet und wie sich eine datenschutzrechtlich geschützte Flugfrequenzdatenbank einrichten lässt, bleibt unklar.

Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.

Die Einschätzung: Eine solche Steuer könnte die Klimakosten des Fliegens hin zu den wohlhabenderen Vielfliegern verlagern. Der ICCT schätzt, dass die Steuer 81 Prozent der Einnahmen durch nur etwa 2 Prozent der Weltbevölkerung generieren würde. „Ein Vorteil ist, dass eine Vielfliegersteuer die größte Emissionsungerechtigkeit angeht“, sagt der Klimaforscher Felix Creutzig. Im Flugverkehr verursache der wohlhabendste Teil der Bevölkerung die meisten Emissionen. Gleichzeitig sei Fliegen extrem subventioniert. „Es gibt keine Kerosinsteuer, aber Subventionen beim Bau von Flughäfen.“ Dazu kommen Belohnungssysteme für Vielfliegen wie Flugmeilen. Dass der Flugverkehr am wenigsten von Klimaschutzmaßnahmen betroffen ist, sei „eine Absurdität ohne jegliches Maß“, sagt Creutzig.

Das Klimageld

Der Hintergrund: Das Energiegeld, wie es auch die Grünen in Deutschland vorschlagen, ist eine Auszahlung an alle Bewohner eines Landes, die durch einen hohen CO2-Preis finanziert werden soll. Den hohen Preis zahlen zunächst die, bei denen Emissionen entstehen, zum Beispiel Kraftwerke. Weil für die Firmen dadurch die Kosten steigen, werden zum Beispiel Benzin oder Heizöl auch für Kun­d*in­nen teurer. Was also klimaschädlicher ist, kostet mehr. Zu Beginn jedes Jahres erhalten alle die gleiche Summe Energiegeld. Damit sollen auch ärmere Haushalte über das Jahr hinweg höhere Kosten stemmen können.

In einem Zwei-Personen-Staat sähe das beispielsweise so aus: Ein Bürger hat wenig Geld und emittiert 6 Tonnen CO2 im Jahr. Die andere Bürgerin hat viel Geld und emittiert 100 Tonnen. Bei einem C02-Preis von 100 Euro pro Tonne zahlt der arme Bürger also 600 Euro und die Reiche 10.000 Euro. Das bedeutet 10.600 Euro Einnahmen für den Ministaat. Die zwei Bür­ge­r:in­nen bekämen jeweils 5.300 Euro ausgezahlt. „In der Realität werden die Unterschiede kleiner sein. Aber es gibt definitiv einen Umverteilungseffekt“, sagt Felix Creutzig.

Die Einschätzung: Der große Vorteil am Energiegeld wäre, dass alle gleich behandelt werden, so der Forscher. „Das ist wichtig, damit soziales Vertrauen entsteht. Die soziale Absicherung ist trotzdem gegeben, da das Geld pro Kopf als Klimageld wieder ausgeschüttet wird“, sagt Creutzig. Das Energiegeld löse das Ungleichheitsproblem allerdings nicht, es mache es höchstens ein kleines bisschen besser.

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