Blutspende-Diskriminierung aufgehoben: Alle können spenden

Der Bundestag hat eine diskriminierungsfreie Auswahl zur Blutspende beschlossen. Die Neuregelung war seit Jahren gefordert worden.

Blutkonserven in einem Labor

Die sexuelle Orientierung ist beim Blutspenden kein Ausschlusskriterium mehr Foto: Rolf Vennenbernd/dpa

BERLIN taz | „Danke für diese überfällige Klarstellung“, twitterte der Queerbeauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann (Grüne). Der Bundestag hat am Donnerstagabend dafür gestimmt, dass homosexuelle Männer, bisexuelle und trans Personen nicht länger bei der Blutspende diskriminiert werden. Die auch im Koalitionsvertrag vereinbarte Änderung des Transfusionsgesetzes wurde mit den Stimmen der Ampelkoalition beschlossen.

In dem Gesetz ist ausdrücklich festgehalten, dass die sexuelle Orientierung bei der Auswahl von Blut­spen­de­r*in­nen nicht länger berücksichtigt werden darf. Jahrzehntelang waren insbesondere homosexuelle Männer mit der Begründung von erhöhter HIV-Gefahr gänzlich von der Blutspende ausgeschlossen. Seit 2017 ist es queeren Menschen möglich, Blut zu spenden. Allerdings mussten homosexuelle Männer zuvor Fragen zu ihren sexuellen Aktivitäten beantworten. Hatten sie innerhalb von 12 Monaten nur mit einer Person Sex gehabt, kamen sie als Spender infrage. Zuletzt wurde diese Grenze auf vier Monate herabgesetzt. Für andere Spen­de­r*in­nen gab es aber überhaupt keine Grenze.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte diese Regelung als Diskriminierung eingestuft: „Ob jemand Blutspender werden kann, ist eine Frage von Risikoverhalten, nicht von sexueller Orientierung“, so Lauterbach.

Auch der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) begrüßte die Gesetzesänderung: „Viel zu lange schon halten die Bundesärztekammer und andere zuständige Stellen an überholten Vorstellungen von schwuler, bisexueller und trans* Sexualität fest und tragen damit zur anhaltenden Stigmatisierung queerer Menschen bei“, so Alva Träbert vom LSVD-Vorstand. Träbert verwies darauf, dass die Auswahlrichtlinien aus der Zeit stammten, wo es noch wenige Kenntnisse bezüglich der Übertragung und Diagnose von HIV und anderen Infektionskrankheiten gab. Inzwischen gebe es moderne Testverfahren, um die Sicherheit von Blutprodukten zu überprüfen.

Zweifel ob Diskriminierung in der Praxis abnimmt

Der gesundheitspolitische Sprecher der CDU, Tino Sorge, äußerte Bedenken, dass der Schutz von Blut­spen­de­emp­fän­ge­r*in­nen durch die Änderung weniger werden würde: „Geschlechtsverkehr mit häufig wechselnden Partnern, die Nähe zu gefährdeten Milieus und andere Risikofaktoren müssen auch zukünftig verlässlich ausgeschlossen werden“, so Sorge.

Die Deutsche Aidshilfe äußerte sich dagegen vorsichtig optimistisch zu den Änderungen. Ob diese wirklich Diskriminierungen verhindern würde, könne nur die Praxis zeigen: „Die bisherigen Veröffentlichungen der Bundesärztekammer […] lassen darauf schließen, dass es den Beteiligten an Wissen gegenüber den Lebens- und Verhaltensweisen schwuler Männer und trans Menschen sowie an sprachlicher Sensibilität mangelt“, heißt es in einer Stellungnahme.

Durch die Gesetzesänderungen dürfen nun auch trans Personen nicht länger bei der Blutspende diskriminiert werden. Ein Ausschluss darf nur noch „auf Grundlage des jeweiligen individuellen Sexualverhaltens der spendewilligen Person“ erfolgen, nicht aber wegen der Geschlechtsidentität, einer Gruppenzugehörigkeit oder wegen des Geschlechts der Sexualpartner*innen.

Auch ein Ausschluss von Blutspenden aufgrund des Alters wird durch die Gesetzesänderung aufgehoben. Zukünftig sollen Ärzt*in­nen darüber entscheiden, ob Menschen für die Spende geeignet sind. Täglich werden in Deutschland etwa 15.000 Blutspenden für Operationen und Behandlungen kranker Menschen benötigt. Aufgrund des Anstiegs von Infektionskrankheiten, auch durch Corona, werden aktuell mehr Blutspenden gebraucht. Nach einer Krankheit mit Erkältungssymptomen sollten die Personen bis zu vier Wochen symtomfrei sein, um wieder Blut spenden zu dürfen. Welche Blutgruppen bei Spenden aktuell besonders gewünscht sind, zeigt das Deutsche Rote Kreuz online auch in einem Blutgruppenbarometer.

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