Xi Jinping in Moskau: Treffen sich zwei Diktatoren

Bei seinem Besuch in Russland stärkt der chinesische Staatschef dem russischen Präsidenten Wladimir Putin den Rücken – und gibt sich als Friedensstifter.

Xi Jinping und Wladimir Putin

Vereint gegen den Westen: Wladimir Putin und Xi Jinping in Moskau am 21. März Foto: Sergei Karpukhin/Sputnik/reuters

MOSKAU taz | Moskau versinkt im Sirenen­geheul von Polizeiautos. Für den „lieben Freund“ aus China lässt der Kreml den Moskauer Gartenring sperren, die mehrspurige Umrundung des Stadtzentrums. Vom „Besuch Nummer eins“ spricht das russische Staatsfernsehen, von einem „historischen Treffen“, das den „Westen annervt“.

In Moskau trifft sich einer, der als mutmaßlicher Kriegsverbrecher per Haftbefehl vom Internationalen Strafgerichtshof gesucht wird, mit einem, dem ein Bericht der Vereinten Nationen mutmaßliche Verbrechen gegen die Menschlichkeit bescheinigt. Zusammen feiern sich Russlands Präsident Wladimir Putin und Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping als „Vorbild neuer Zusammenarbeit“ zwischen den Ländern in der Welt.

Nach Xis Besuch in Moskau dürfte Putin in diesem Jahr nach Peking reisen, die Einladung dafür hat Xi persönlich überbracht. Allein das informelle Treffen der beiden Herrscher am Montag hatte mehr als vier Stunden gedauert, am Dienstag stolzierten sie nach den Nationalhymnen über den roten Teppich im Georgssaal des Großen Kremlpalasts. „Seht her“, ist die Haltung Moskaus, Putin ist weder unberührbar noch isoliert.

Die Symbolik des Großereignisses soll dem von beiden Staaten verhassten Westen zeigen, dass die russisch-chinesische Allianz gefestigt ist. Dem verleiht auch die Zusammensetzung der Delegatio­nen einiges an Gewicht. Auf russischer Seite waren in der großen Gesprächsrunde die Außen-, Verteidigungs- und Finanzminister mit von der Partie, auch die Zentralbankchefin Elwira Nabiullina nahm teil. ­Dadurch zeigte sie, dass der Yuan in Währungsfragen für Russland immer wichtiger wird. Auch Rüstungs­zu­sammen­arbeit und Kooperationen in der Raumfahrt standen auf dem Programm.

Mehr wirtschaftliche Zusammenarbeit

Der Ministerpräsident Michail Mischustin hatte zuvor beim Treffen mit Xi im Weißen Haus, Russlands Regierungssitz an der Moskwa, den Wert bilateraler Investitionsprojekte auf umgerechnet mehr als 154 Milliarden Euro beziffert. Zudem sprach er sich für einen Landkorridor für Getreide und andere Landwirtschaftsgüter aus Russland nach China aus.

Zum Abschluss des langen Tages unterzeichneten Russland und China zwei Dokumente: eines über die Vertiefung der umfassenden Partnerschaft und eines über die Entwicklung der Wirtschaftszusammenarbeit bis 2030. Was genau in den Papieren steht, war zunächst unklar. Die Abhängigkeit beider Länder wird damit untermauert. China kauft günstig Öl und Gas aus Russland, da Moskau dieses nicht mehr in Europa loswird. Russland braucht von den Chinesen Technologie- und Konsumgüter, die es nicht mehr aus Europa beziehen kann.

Putin und Xi stützen und brauchen einander. Xi gefällt sich nach seinem Erfolg zwischen Saudi-Arabien und Iran zudem auch in der „Ukraine-Frage“, wie China den Krieg in der Ukraine bezeichnet, als „objektiver und unvoreingenommener Vermittler“. Er mimt den Friedensengel, der auf Waffenstillstand pocht, auch wenn mit einem Waffenstillstand zum jetzigen Zeitpunkt die Position Russlands in der Ukraine untermauert wäre.

China hat den Angriffskrieg Russlands bisher nicht einmal verurteilt. Die Führung in Peking nennt diesen schlicht „Krise“, angestachelt von den USA und der Nato. Damit trägt und verbreitet sie die russische Position. Ohnehin lehnen beide Staaten die vom Westen geprägte liberale Weltordnung ab und ­plädieren für eine neue, multipolare Weltordnung mit den Vereinten Nationen als Kern. Deshalb fällt es Xi nicht schwer, Putin die Hand zu reichen, auch wenn die Waffengewalt der Russen in der Ukraine den Chinesen nicht passen dürfte. Er will in Ruhe gute Geschäfte machen und sucht als vermeintlich neutraler Vermittler nun auch politisch nach ­Wegen.

Der chinesische „Friedensplan“ hilft vor allem den Chinesen. China präsentiert sich dabei als unermüdlicher Friedensstifter und kann gleichzeitig die USA anklagen. In den Augen Pekings (wie auch Russlands) ist es Washington, das den Krieg in der Ukraine anheizt und keinen Frieden will. In Moskau hieß es, an einem Plan werde weitergearbeitet, Konkretes war nicht zu vernehmen.

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