Ampel verschiebt Haushalts-Eckpunkte: Hoffen auf mehr Steuereinnahmen

Die Ministerien wollen nicht sparen, der Finanzminister will keine neuen Steuern. Ein möglicher Ausweg: die Erholung der Konjunktur.

Christian Lindner in Meseberg

Schwierig: Christian Lindner will keine neuen Steuern und die Ministerien nicht sparen Foto: Julian Weber/dpa

BERLIN taz | Wegen unvereinbarer Positionen und Prioritäten verlängert die Ampelkoalition ihre Verhandlungen über den Bundeshaushalt 2024. Eigentlich wollte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) die Eckpunkte für den Etat und die Finanzplanung der kommenden Jahre am nächsten Mittwoch vorstellen. Diesen Termin hat er jedoch verschoben, ohne einen neuen zu nennen.

„Wir werden im Kabinett noch einmal gemeinsam über finanzielle Realitäten sprechen müssen“, sagte der Finanzminister. Die Verschiebung ist ein Beleg dafür, dass sich Lindner gegen andere Ministerien, Grüne und SPD in der Regierung nicht durchsetzen kann – momentan aber auch keine Entscheidung erzwingen will. Andererseits sind etwa Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) nicht bereit, ihre Vorhaben zurückzustellen.

Nun könnten die drei Regierungsparteien beispielsweise eine Haushaltsklausur anberaumen. Grundsätzlich ist genug Zeit, noch ein paar Wochen über den Etat 2024 zu verhandeln. Der Regierungsentwurf soll im Juni fertig sein, danach folgen die Beratungen im Bundestag. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sehe die Lage „gelassen“, sagte Vizeregierungssprecherin Christiane Hoffmann am Freitag.

Lindner will im kommenden Jahr die Schuldenbremse wieder einhalten und die Ausgaben im Vergleich zu 2023 deutlich senken. Unterschiedlichen Angaben zufolge klafft zwischen den zu erwartenden Einnahmen und den bisher vorgebrachten Ausgabewünschen eine Lücke von 20 bis 70 Milliarden Euro. Laut der bisherigen Planung soll der Bundeshaushalt im kommenden Jahr 424 Milliarden Euro umfassen.

Militär und Kinder

Verteidigungsminister Pistorius plädiert dafür, die Ausgaben für die Bundeswehr wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine deutlich zu steigern. Lindner scheint dazu grundsätzlich bereit, will die zusätzlichen Ausgaben aber durch Einsparungen in anderen Ressorts finanzieren. Diese wehren sich.

Die Grünen betonen demgegenüber die im Koalitionsvertrag vereinbarte Kindergrundsicherung, für die Familienministerin Lisa Paus ab 2025 etwa 12 Milliarden pro Jahr veranschlagt. „Erste Schritte“ würden bereits ab 2024 nötig, sagte ihre Sprecherin am Freitag. Auch Wirtschafts- und Klimaminister Habeck braucht zusätzliche Mittel, zum Beispiel für die Förderung von Industrieunternehmen, damit diese auf klimaneutrale Produktionsverfahren umstellen.

Finanzminister Lindner hegt ebenfalls Ausgabepläne. So möchte er pro Jahr rund zehn Milliarden Euro aus dem Haushalt in der sogenannten Aktienrente anlegen, um die Altersrenten der Beschäftigten später zu einem gewissen Teil über den Kapitalmarkt zu finanzieren. Außerdem weist Lindner darauf hin, dass die Zinsausgaben für die Schulden des Bundes deutlich steigen. In diesem Jahr soll der Schuldendienst bereits etwa 40 Milliarden Euro kosten.

Lindner gegen höhere Steuern

Grundsätzlich wäre es möglich, Einnahmen und Ausgaben zusammenzubringen. Neben einer höheren Schuldenaufnahme, die der Finanzminister ablehnt, könnte die Regierung Steuersubventionen reduzieren oder die Abgaben beispielsweise für große Einkommen, Vermögen und Erbschaften anheben, was bei SPD und Grünen vorgeschlagen wird.

Dazu sagte die Sprecherin des Finanzministers am Freitag jedoch: „Die Steuerlast ist bereits hoch genug.“ Laut Grünen-Haushaltspolitiker Sven-Christian Kindler könnte „die Lösung des Problems zum Teil auch darin liegen, dass die Steuereinnahmen 2023 und 2024 besser ausfallen als angenommen“ – wegen der Erholung der Wirtschaft.

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