EU zu Vorwürfen wegen Getreideabkommen: „Moskau lügt wieder“

Russland werde auch nicht indirekt daran gehindert, Lebensmittel und Dünger zu liefern, heißt es aus Brüssel. Das Land verkaufe sogar mehr Getreide.

Ein Getreidefeld, am Horizont brennt es

Ein brennendes Getreidefeld bei Saporischschja, Ukraine, im Juli 2022 Foto: Dmytro Smolyenko/NurPhoto/imago

BERLIN taz/dpa | Die EU-Kommission hat Vorwürfe der Regierung in Moskau zurückgewiesen, Sanktionen wegen des Ukrainekriegs behinderten indirekt Russlands Lebensmittel- und Düngerexporte. „Moskau lügt – wie so oft – wieder“, schrieb Kommissionsprecher Peter Stano der taz auf Anfrage.

„Aus den Daten der UN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft (FAO) geht hervor, dass die russischen Düngemittelausfuhren im Jahr 2022 wertmäßig um beeindruckende 89 Prozent steigen und mengenmäßig nur um 10 Prozent sinken werden. Die russischen Getreideexporte im Wirtschaftsjahr 2022/23 (Juli bis Juni) werden von der FAO auf rund 55 Millionen Tonnen geschätzt und liegen damit 18 Prozent über dem Fünfjahresdurchschnitt“, ergänzte Stano.

Die Kommission habe in ihren Leitlinien klargestellt, dass die Lieferung russischer Dünge-, Futter- und Lebensmittel in Drittländer und die Finanzierung sowie ökonomische Unterstützung inklusive Versicherungen hierfür zulässig sei, so der Sprecher. Zudem habe die EU im Dezember den Mitgliedstaaten erlaubt, Lebens- und Düngemittelgeschäfte auch mit Personen zu genehmigen, die vor ihrer Aufnahme in die Sanktionsliste eine bedeutende Rolle im internationalen Handel mit Agrar- und Lebensmittelerzeugnissen gespielt haben.

Eine Täter-Opfer-Umkehr

Die Probleme mit Getreide oder Düngemitteln wären gar nicht auf dem Tisch, „wenn Russland die Ukraine nicht angegriffen und ihre Lebensmittel- und Agrarexporte blockiert hätte“, so Stano. Die Führung in Moskau wolle Täter und Opfer vertauschen. „In Wirklichkeit ist es Russland, das die ukrainischen Exporte blockiert, die landwirtschaftlichen Flächen und die Infrastruktur des Landes zerstört und ukrainische Lebensmittel und Agrarprodukte verbrennt oder stiehlt.“

Damit setze die russische Regierung Nahrungsmittel und Hunger als Waffe ein, um die globale Nahrungsmittelkrise zu verschärfen. Moskau sei für die Ernährungsunsicherheit in einer Reihe von Ländern verantwortlich.

Per Brodersen, Agrarexperte beim Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft, wies darauf hin, dass Russland seit Juni 2021 seine Weizenexporte durch eine Ausfuhrsteuer von derzeit rund 65 Euro pro Tonne erschwere.

Getreideabkommen muss neu verhandelt werden

Vertreter Russlands und der Vereinten Nationen wollten am Montag in Genf über eine Fortsetzung des Getreideabkommens verhandeln, das Exporte aus der Ukraine sichern soll. Das bestätigte eine Sprecherin der UN-Konferenz für Handel und Entwicklung (Unctad). Ergebnisse noch am Montag wurden zunächst nicht erwartet.

Die Vereinbarung läuft am 19. März aus, wenn Russland keiner neuen Verlängerung zustimmt. Moskau verlangt im Gegenzug größere Unterstützung für seine eigenen Exportgeschäfte, die unter anderem durch westliche Sanktionen schwierig geworden seien.

Russland hatte Getreideausfuhren über die ukrainischen Schwarzmeerhäfen nach dem Beginn seines Angriffs auf das Nachbarland im Februar 2022 blockiert. Dadurch sind die Weltmarktpreise vorübergehend explodiert. Es bestand die Gefahr von Hungersnöten, weil Russland und die Ukraine vorher zu den größten Getreideexporteuren auch an ärmere Länder gehörten. Unter Vermittlung der Vereinten Nationen und der Türkei kam im Sommer ein Abkommen zustande, das Ausfuhren ermöglicht. Es wurde einmal verlängert.

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