Missbrauch in Erzdiözese München-Freising: Ermittlungen eingestellt

Die Staatsanwaltschaft München hat die Ermittlungen gegen die Kardinäle Ratzinger und Wetter eingestellt. Viele der Taten sind verjährt.

Erzbischof Ratzinger wird in München von der Bevölkerung begrüßt, er hebt huldvoll die Hände

Die Ermittlungen gegen den damaligen Erzbischof Ratzinger, hier 1977 in München, sind eingestellt Foto: Ludwig Hamberger/dpa

MÜNCHEN taz | Bei der Aufarbeitung des Missbrauchsskandals in der Erzdiözese München-Freising gibt es kaum noch Hoffnung auf die juristische Verfolgung früherer Taten. Das ergibt sich aus dem Abschluss der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft München I gegen die ehemaligen Erzbischöfe Joseph Ratzinger und Friedrich Wetter sowie einen früheren Generalvikar.

Haben sich die Kirchenoberen in ihren jeweiligen Funktionen der Beihilfe strafbar gemacht, indem sie etwa Geistliche, deren einschlägige Vorgeschichte ihnen bekannt war, in Positionen brachten, wo sie erneut Kinder sexuell missbrauchten? Das war die Frage, der die Ermittler nachgingen, nachdem ihnen von der Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl Material über 45 Fälle aus dem Gutachten übergeben worden war, das die Kanzlei vor einem Jahr im Auftrag des Bistums vorgelegt hat.

Doch alle Ermittlungen wurden mittlerweile eingestellt. Das sei auch nicht allzu überraschend gewesen, erklärte der Leiter der Staatsanwaltschaft, Hans Kornprobst, am Dienstag. Das Gutachten sei von großer Bedeutung für die kircheninterne Aufarbeitung und die gesellschaftliche Debatte, jedoch von geringem Nutzen für die Arbeit der Staatsanwälte.

Verjährung und keine Nachweise

Das habe damit zu tun, dass viele der Missbrauchstaten und damit auch eine im Raum stehende Beihilfe verjährt seien, dass es manchmal um Taten gehe, die zwar Grenzüberschreitungen, aber nicht strafbar seien, oft aber auch damit, dass es keine konkreten Anhaltspunkte gebe. So rechtfertigten etwa Gerüchte über das Fehlverhalten eines Pfarrers noch keine Ermittlungen.

Dazu komme, dass den Verantwortlichen im Bistum sowohl die Kenntnis über die Gefahr, die von einem Geistlichen ausgehe sowie Vorsatz nachgewiesen werden müssten. Hat also beispielsweise Kardinal Wetter gewusst, dass der Priester Rudolf G. 1962 wegen sexuellen Missbrauchs zu fünf Jahren Haft verurteilt worden war und billigend in Kauf genommen, dass er sich zwischen 1999 und 2002 erneut an Ministranten verging? Dies, so die Staatsanwaltschaft, sei nicht feststellbar gewesen.

Sechs der Fälle hatte die Staatsanwaltschaft näher untersucht, etwa auch den des Priesters Peter H.: Der hatte bereits in Essen Kinder missbraucht und war dann 1980 ins Erzbistum München versetzt worden, wo er jahrelang weitere Opfer fand. Damals war zunächst Ratzinger Erzbischof, der spätere Papst Benedikt XVI. Vor allem Ratzinger soll laut Kritikern der vermeintliche Schutz der Institution Kirche wichtiger als der Opferschutz gewesen sein. Wegen Verjährung wurden jedoch auch in diesem Fall die Ermittlungen eingestellt. Über die Frage, ob Ratzinger damals eine Straftat beging, sagt dies freilich nichts aus.

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