Regierung in Frankreich: Stürzt sie? Stürzt sie nicht?

Nach dem Durchdrücken der Rentenreform muss sich die französische Regierung zwei Misstrauensanträgen stellen. Wie erfolgversprechend sind sie?

Proteste gegen Macron.

Sorgt nicht nur auf der Straße für Protest: Die Opposition will Macrons Rentenreform stoppen Foto: ap

PARIS taz | Steht die Regierung von Premierministerin Elisabeth Borne vor dem Sturz? An diesem Montag wird die französische Nationalversammlung über zwei Misstrauensanträge abstimmen. Diese wurden fristgemäß innerhalb von 48 Stunden nach dem Votum vom Donnerstag eingereicht, als die Regierung aus Angst vor einer Niederlage und gestützt auf den Verfassungsartikel 49.3 die Debatte über die Rentenreform für beendet – und de facto ihre umstrittene Vorlage für verabschiedet – erklärte. Für die Opposition ist dieser Schritt die letzte Möglichkeit, die Regierung samt ihrer unpopulären Reform in die Wüste zu schicken.

Ein Antrag dazu kam vom rechtsextremen Rassemblement national (RN). Dieser erhielt zwar die nötige Unterstützung von 58 Abgeordneten, um eingereicht zu werden. Doch dessen Erfolgsaussichten gehen gegen null. Schließlich dürfte die gesamte Linke niemals zusammen mit den Rechten stimmen – zumal namentlich abgestimmt wird. Größere Chancen hat dagegen der als überparteilich deklarierte Antrag der kleinen Fraktion Liot (Libertés, Indépendants, Outre-Mer et Territoires), der explizit von der Linksunion Nupes (Nouvelle Union Populaire Ecologique et Sociale) unterstützt wird, zu der neben der La France insoumise auch die Sozialisten und Grüne gehören.

Sollte einer der beiden Anträge angenommen werden, muss die Regierung ihren Rücktritt einreichen. Präsident Emmanuel Macron hätte dann zwei Möglichkeiten: Entweder er löst die große Kammer des Parlaments auf und schreibt Neuwahlen aus; oder aber er beauftragt eine Person seiner Wahl mit der Bildung eines neuen Kabinetts. An der Spitze der neuen Regierung könnte dann durchaus wieder Premierministerin Borne stehen. Denn im einzigen Präzedenzfall der Nachkriegsgeschichte, als im Jahr 1962 die Regierung von Georges Pompidou in einer Vertrauensabstimmung zu Fall gebracht wurde, bestätigte der damalige Präsident, Charles de Gaulle, Pompidou wieder als Regierungschef.

Kommt ein Misstrauensantrag auf eine Ja-Mehrheit von 287 der gegenwärtig 573 Abgeordneten, hat das auch Folgen für die Rentenreform: Die Vorlage wäre dann verworfen – und zwar definitiv. Heißt auch: Findet keiner der beiden Anträge eine Mehrheit, was wahrscheinlich ist, wäre die Rentenreform so beschlossen.

Den Geg­ne­r*in­nen der Reform bliebe als letzter Strohhalm dann nur noch der Verfassungsrat: Die neun Mitglieder des Conseil constitutionnel unter Vorsitz des früheren Premierministers Laurent Fabius hätten als letzte Instanz noch die Möglichkeit, die Reform komplett oder teilweise für ungültig zu erklären. (RB)

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.