Tötung eines Mädchens in Freudenberg: Verdächtigte Mädchen ohne Strafe

Die 12-jährige Luise wurde von zwei gleichaltrigen Mädchen erstochen. Diese sind noch nicht strafmündig. Die AfD fordert eine Änderung des Strafrechts.

Blumen und Kerzen im Schnee

Fundort des ermordeten zwölfjährigen Mädchens Foto: Roberto Pfeil/dpa

KARLSRUHE taz | Die Tötung eines Mädchens in Freudenberg (NRW) wird keine strafrechtlichen Folgen haben. Am vergangenen Samstag kam die 12-jährige Luise nicht nach Hause. Am nächsten Tag wurde ihre Leiche gefunden. Luise war mit zahlreichen Messerstichen getötet worden. Inzwischen haben zwei Mädchen, 12 und 13 Jahre alt, die Tat gestanden. Eine von ihnen war nach Medienberichten die beste Freundin von Luise, sie hatten zusammen den Tag verbracht.

Zum Motiv der Tat sagten die Er­mitt­le­r:in­nen bisher nur, dass „Emotionen“ im Spiel waren und: „Was für Kinder möglicherweise ein Motiv ist für eine Tat, würde sich einem Erwachsenen möglicherweise nicht erschließen.“

Strafrechtlich müssen die beiden Mädchen nichts befürchten: „Schuldunfähig ist, wer bei Begehung der Tat noch nicht vierzehn Jahre alt ist“, heißt es in Paragraf 19 des Strafgesetzbuchs. Es wird unterstellt, dass Kinder und Jugendliche erst ab diesem Alter in der Lage sind, das Unrecht von Straftaten einzusehen.

„Unerträglich“, dass keine Sanktionen möglich sind

Der AfD-Rechtspolitiker Stephan Brandner forderte inzwischen eine Änderung des Strafrechts. Es sei „unerträglich“, dass hier keine strafrechtlichen Sanktionen möglich sind. Die AfD fordere schon seit Jahren, den Beginn der Strafmündigkeit auf 12 Jahre zu senken. Justizminister Marco Buschmann (FDP) sah dagegen keinen gesetzgeberischen Handlungsbedarf.

Angesichts der sehr ungewöhnlichen Konstellation ist die Debatte noch zurückhaltend. Aber auch die CSU-Landesgruppe fasste 2019 einen entsprechenden Beschluss. Und die Deutsche Polizeigewerkschaft (im Beamtenbund) trommelt schon lange für eine frühere Strafmündigkeit.

Dass Kinder unter 14 Jahren vom Strafrecht verschont werden, gilt in Deutschland schon seit 1923, zuvor lag die Strafgrenze bei 12 Jahren. Die Festlegung solcher Strafgrenzen entspringt allerdings eher politischen Kompromissen als wissenschaftlich eindeutigen Erkenntnissen über Einsichtsfähigkeit und Reife. Zur Weimarer Zeit etwa endete mit 14 Jahren die Schulpflicht, was man damals für einen guten Anhaltspunkt hielt. 1980 forderten die Jugendminister der Länder sogar eine Anhebung auf 16 Jahre.

In den Niederlanden oder Irland gelten 12 Jahre

In anderen EU-Staaten liegt die Strafmündigkeit in der Regel zwischen 14 und 15 Jahren, ergab 2019 eine Untersuchung des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags. Es gibt aber auch Ausreißer nach unten, etwa die Niederlande und Irland mit einer Strafmündigkeit von 12 Jahren. In Großbritannien und der Schweiz liegt die Grenze sogar bei nur 10 Jahren. In Deutschland nimmt die Polizei auch gegen verdächtige Kinder unter 14 Jahren erst mal Ermittlungen auf. Sie kann diese mit auf die Wache nehmen, erkennungsdienstlich behandeln, die Zimmer durchsuchen. Erst die Staatsanwaltschaft stellt dann die Ermittlungen ein.

Auch Maßnahmen der Jugendhilfe sind möglich. So können Kinder, die für sich oder andere eine Bedrohung sind, in geschlossenen Einrichtungen untergebracht werden. Wenn die Eltern erzieherisch versagt haben, ist der Entzug des Sorgerechts und die Unterbringung im Heim oder einer Pflegefamilie möglich. Im Jugendstrafrecht steht zwar immer noch die Erziehung im Vordergrund, doch spielt ab 14 Jahren auch die Sühne von Schuld eine Rolle. Bei einem Mord sind Jugendstrafen bis zu zehn Jahren möglich.

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