Drohende Abschiebung in Chemnitz: Keine Strafe für Pham Phi Son

Das Verfahren gegen den ehemaligen DDR-Vertragsarbeiter aus Vietnam wird eingestellt. Eine langfristige Aufenthaltserlaubnis bekommt er aber nicht.

Portrait Pham Phi Son

Der Vietnamese Pham Phi Son vor Prozessbeginn im Verhandlungssaal des Amtsgerichts Chemnitz Foto: Hendrik Schmidt/dpa

BERLIN taz | Das Amtsgericht Chemnitz hat das Strafverfahren gegen den Chemnitzer Vietnamesen Pham Phi Son wegen unerlaubter Einreise und unerlaubten Aufenthalts in Deutschland eingestellt. Das Verfahren war anhängig, weil sich der ehemalige DDR-Vertragsarbeiter 2016 länger als sechs Monate in seinem Herkunftsland Vietnam aufgehalten hatte. Nach sechs Monaten kann die Aufenthaltserlaubnis aber erlöschen. Son hatte die Sechsmonatsfrist überschritten, weil während des Urlaubs seine Kriegsverletzung aufgeflammt war und stationär behandelt werden musste. Nach einem Abschiebeversuch 2019 war die Familie zudem für mehr als zwei Jahre untergetaucht.

Bei Würdigung der Umstände wertete der Richter das aber als nicht strafbar und stellte das Verfahren gegen eine Geldbuße von 300 Euro ein. Einen Aufenthaltstitel hat er damit aber noch nicht. Und dafür sieht es auch weiterhin nicht gut aus.

Die Familie hatte nach eigenen Angaben gemeinsam mit ihrer Anwältin im Anschluss an den Gerichtstermin einen Termin bei der Chemnitzer Ausländerbehörde, die über ihren Antrag auf ein humanitäres Bleiberecht entscheiden sollte. Das bekamen sie aber nicht. Paula Moser vom Sächsischen Flüchtlingsrat sagt: „Ihnen wurde erklärt, dass Chemnitz die Duldung der Familienmitglieder nur bis Mai verlängert. Bis dahin sollen alle drei Familienmitglieder Sprachnachweise bringen.“

Pham Phi Son will nach Berlin kommen

Von den Eltern, die in einem Gastronomiebetrieb arbeiten, werde zudem verlangt, dass ihre nur befristeten Arbeitsverträge bis dahin entfristet werden. Sie stehen nur in einem Probearbeitsverhältnis, weil ihnen die Ausländerbehörde erst letzten Herbst eine Arbeitserlaubnis zusprach. Ihr Chef hat sich aber öffentlich dahingehend geäußert, dass er mit den Arbeitsleistungen der beiden sehr zufrieden sei; auf dem Arbeitsmarkt seien so zuverlässige Arbeitskräfte nur schwer zu finden.

Mit diesen Nachweisen, so Moser, soll die Familie nach dem Willen der Chemnitzer Ausländerbehörde ein drittes Mal die Sächsische Härtefallkommission anrufen. Die hatte allerdings 2019 und 2023 die Anträge auf ein humanitäres Bleiberecht bereits abgelehnt. Der Flüchtlingsrat kritisiert, dass die Ausländerbehörde nicht selbst das Aufenthaltsrecht erteilt hat. Dazu hätte sie laut Flüchtlingsrat den Ermessensspielraum gehabt. Paula Moser: „Sie spielen ein erbärmliches Pingpongspiel auf dem Rücken der Familie. Wer davon nicht betroffen ist, kann nicht ermessen, wie sehr das die Familie belastet. Ich erwarte jetzt aber, dass die Härtefallkommission ihrem Namen Rechnung trägt und diesen eindeutigen Härtefall endlich als solchen anerkennt und das unwürdige Spiel beendet.“

Die taz hat Pham Phi Son für kommende Woche zu einer Gesprächsveranstaltung nach Berlin eingeladen. Er würde gerne kommen, aber seine Duldung ist auf die Stadt Chemnitz und Umgebung begrenzt. Die taz hat deshalb für ihn eine Reiseerlaubnis nach Berlin beantragt. Die Entscheidung steht noch aus. Fast 100.000 Menschen haben sich in einer Onlinepetition für ein Bleiberecht für die Familie eingesetzt.

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