Russlands Sport auf dem Weg zu Olympia: Der Traum der Majorin

Bald dürfen Russen und Russinnen wieder an internationalen Fechtturnieren teilnehmen. Sportsoldatin Sofja Welikaja freut sich schon.

Fechterin Welikaja mit Wladimir Putin

Im Auftrag der Russischen Föderation: Fechterin Sofja Welikaja nach einer Ordensverleihung im Kreml Foto: Evgeny Biyatov/SNA/imago

Sofja, die Große. Das ist gewiss eine angemessene Bezeichnung für eine der besten Säbelfechterinnen der Gegenwart. Sofja Welikaja, das ist der Name der zweifachen Olympiasiegerin. „Welikaja“ ist das russische Wort für „groß“. Passt doch. Sofja, die Große. Acht Weltmeistertitel hat die 37-Jährige in ihrer Karriere gewonnen, 14 Mal war sie Europameisterin. Doch einen großen Traum hat sie noch. Sie, die zweimal Olympiagold mit der Mannschaft gewonnen hat, möchte unbedingt Einzelgold holen. Drei Mal stand sie schon im olympischen Finale, drei Mal unterlag sie. Der Traum von Olympiagold hat sie dazu bewogen, ihre Karriere nach den Spielen von Tokio 2021 nicht zu beenden.

Nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine sah es lange so aus, als würde nichts aus ihrem Traum. Doch dann erkannte das Internationale Olympische Komitee so etwas wie ein Menschenrecht von Sportlerinnen auf Olympia, das ihnen nicht genommen werden dürfe, auch wenn sich ihr Staat eines verbrecherischen Krieges schuldig gemacht hat.

In diesem Sinne hat nun der Internationale Fechtverband FIE rechtzeitig zu Beginn der Qualifikationswettbewerbe für die Spiele 2024 in Paris Sportlerinnen und Sportler aus Russland und Belarus wiederzugelassen zu Wettbewerben. Sofja Welikaja darf nun wieder von Olympiagold träumen. „Ich bin sehr glücklich über die Entscheidung“, sagte sie nach dem Votum der FIE-Mitglieder vom vergangenen Freitag. Und: „So, das war’s. Ab zum Training!“

Stolze Armeesportlerin

So kann man die Geschichte über die Rückkehr einer gebannten Athletin erzählen – als herzzerreißende Story einer Sportlerin, die ihren Traum von Olympiagold nicht beerdigen möchte. Man kann der Geschichte aber noch ein paar Details hinzufügen. Sie ist dann vielleicht nicht mehr ganz so schön. Denn Welikaja ist Soldatin. Ihr Klub ist ZSKA Moskau, der Zentrale Armeesportklub.

Ihr Rang ist der einer Majorin der Streitkräfte der Russischen Föderation. Zahlreiche Orden hat man ihr in Russland bereits überreicht. Den Ehrenorden der Russischen Föderation, die Medaille des Ordens für Verdienste um das Vaterland und den Freundschaftsorden hat ihr der russische Staatspräsident Wladimir Putin persönlich an die Uniform geheftet. Von Verteidigungsminister Sergei Schoigu wurde sie mit der militärischen Tapferkeitsmedaille ausgezeichnet.

Wer ein Bild von Welikaja in Uniform sucht, wird schnell fündig im Netz. Ihren Instagram-Account füttert sie zwar seit Beginn des Angriffskriegs auf die Ukraine nicht mehr, doch mit ihrem letzten Post, den sie am Tag vor dem russischen Überfall am 23. Februar 2022 abgesetzt hat, gibt sie ein deutliches Bekenntnis zum russischen Militarismus ab.

Sinistrer Verbandsvize

In Uniform ist sie da zu sehen mit einem Blumenstrauß in der Hand. Dazu schreibt sie: „Liebe Männer! Herzlichen Glückwunsch zum Tag des Verteidigers des Vaterlands! Vielen Dank für eure Unterstützung, eure Kraft und euren Mut!“ Auch wenn das IOC keine russischen oder belarussischen Hoheitszeichen bei den Spielen zulassen sollte, als neutral wird man eine Athletin wie Welikaja wohl kaum bezeichnen können.

Und sie würde ja auch nicht alleine zu den Spielen kommen. Mit dem Beschluss des Internationalen Fechtverbands sind auch wieder die Funktionäre aus Russland und Belarus zu den Wettkämpfen zugelassen. Einer davon, Verbandsvize Oleg Lawritschew, hat schon mal unmissverständlich klargemacht, dass er zu den Unterstützern des russischen Angriffskrieges zählt.

Er lässt sich als emsiger Organisator humanitärer Hilfe in der sogenannten Donezker Volksrepublik feiern. Regelmäßig besucht er russische Truppen unmittelbar hinter der Front. In sozialen Medien kursiert ein Bild, das ihn hinter einer russischen Fahne zeigt, auf der das Kriegssymbol „Z“ aufgebracht ist. Nach der jüngsten Entscheidung der FIE dürfte er sich an die Planche stellen, wenn die Majorin der Streitkräfte der Russischen Föderation Sofja Welikaja um einen Platz bei den Spielen 2024 in Paris ficht.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir alle wollen angesichts dessen, was mit der Ukraine derzeit geschieht, nicht tatenlos zusehen. Doch wie soll mensch von Deutschland aus helfen? Unsere Ukraine-Soli-Liste bietet Ihnen einige Ansätze fürs eigene Aktivwerden.

▶ Die Liste finden Sie unter taz.de/ukrainesoli

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.