Kippender RWE-Strommast bei Garzweiler: Dreierlei Schieflage

Am umstrittenen Braunkohletagebau Garzweiler ist ein Strommast ins Wanken geraten. War es Sabotage? Nicht nur diese Frage ist aktuell ungeklärt.

Abgeflexte Metallstreben auf Betonsockel

Was genau ist hier passiert – und wann? Sockel des RWE-Strommasts nahe dem Tagebau Garzweiler Foto: dpa

AACHEN taz | Man weiß noch nicht, ob es Sabotage von außen war – oder ob RWE-Werktätige Mist gebaut haben. Jedenfalls steht seit Freitag ein rund 80 Meter hoher Strommast nahe dem Braunkohletagebau Garzweiler bei Grevenbroich auffallend schief, gut zehn Kilometer Luftlinie fernab des aktuellen Fördergebietes.

Ein RWE-Sprecher erklärte, der Mast sei „bewusst beschädigt“ worden, er habe offenbar „zum Einsturz gebracht werden“ sollen. „Sollte es Sabotage auf die kritische Infrastruktur gewesen sein, verurteilen wir das aufs Schärfste.“ Die Polizei nennt „die Einwirkung Dritter wahrscheinlich“.

Auf einem Foto sieht man gelöste Schrauben und abgeflexte Metallstreben. Möglich, dass alles vor langer Zeit passierte und erst starke Windböen am Freitag den Mast geneigt haben.

Zwei der vier über die Masttrasse laufenden Stromkreise seien abgeschaltet, so RWE. Die Infrastruktur im stromerzeugenden Tagebau werde aber weiter bestromt, „auch die Kraftwerke können weiterarbeiten“. Ab Sonntag wollte man mit schwerem Gerät zur Reparatur anrücken.

RWE will bleiben

Ebenfalls in zunehmende Schieflage gerät die Diskussion, was aus den fünf wahrscheinlich geretteten Dörfern wie Keyenberg oder Kuckum werden soll. Am Samstag wagte sich NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) erstmals seit der Räumung von Lützerath im Januar wieder in das Krisengebiet. In Erkelenz erklärte sie, die Leitentscheidung, die zwischen Regierung und RWE auszuhandeln sei, werde länger dauern als geplant, sie werde aber weitere Mitsprachemöglichkeiten geben.

Da RWE fast das gesamte Gelände gehört, will der Konzern es auch nach der Kohlegewinnung weiter nutzen. Das kritisiert ein Bündnis aus Umweltgruppen, lokalen Initiativen und Kirchengruppen: Man erlebe ein intransparentes Hinterzimmer-Verfahren zwischen Land und Kohlekonzern, ohne öffentliche Protokolle und ohne direkte Beteiligung der Zivilgesellschaft. Angemessen wäre stattdessen „eine Modellregion für eine zukunftsfähige, sozial-ökologische Transformation“, inklusive Biotopverbundsystem und Enteignungsstopp. Protestplakat in Erkelenz: „Leitentscheidung in NRWE: Simulierte Demokratie.“

Prozess verschoben

Die dritte Schieflage dieser Tage betrifft die Justiz: Eigentlich sollte an diesem Montag vor dem Amtsgericht Erkelenz ein Prozess wegen Landfriedensbruch stattfinden. Ein junger Mann hatte im Herbst 2022 direkt bei Lützerath mit ausgebreiteten Armen kniend vor einem der Monsterbagger für eine Fotografin posiert. Das Bild wurde zum NRW-Pressefoto des Jahres und stolz in der Lobby des Landtages ausgestellt. RWE behauptet, der Widerstandsdarsteller müsse dazu Betriebsgelände betreten haben und zeigte ihn an. Weil der Beschuldigte kurzfristig eine Reihe von ZeugInnen benannt hat, wurde die Verhandlung verschoben

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