Regierungsbildung in Berlin: Ohne Enteignung keine Linke

Die linken Kreisverbände machen Druck: Eine Neuauflage von Rot-Grün-Rot könne es nur geben, wenn ein Enteignungsgesetz verbindlich kommt.

Menschen mit Westen von DW enteignen auf einem Protest

Die Ak­ti­vis­t*in­nen der Initiative machen auch weiter Druck Foto: dpa

BERLIN taz | In der Berliner Linkspartei wächst der Druck, eine erneute Regierungsbeteiligung von einem Enteignungsgesetz abhängig zu machen. „Die Vergesellschaftung ist der zentrale Hebel, um dauerhaft bezahlbaren Wohnraum in kommunaler Hand sicherzustellen“, heißt es in einem Antrag für den Sonderparteitag am kommenden Freitag. „Die Umsetzung des Volksentscheids Deutsche Wohnen & Co enteignen ist daher für uns eine Priorität im Falle eines Wiedereintritts in die Landesregierung.“ Der Antrag, der der taz vorliegt, wurde von elf der zwölf Bezirksvorsitzenden unterzeichnet.

In Berlin laufen derzeit Sondierungen zwischen CDU, SPD, Grünen und Linken. Rein rechnerisch möglich sind nach der Wiederholungswahl vom 12. Februar drei Koalitionen: Zwischen CDU und SPD, zwischen CDU und Grünen, sowie die Weiterführung des bisherigen rot-grün-roten Bündnisses. Für die Linke ist letzteres die einzige Option, mit an der Macht zu bleiben. In dieser Woche wird die Entscheidung erwartet, wer mit wem konkrete Koalitionsverhandlungen aufnimmt. Daher hat die Linke für Freitag einen Sonderparteitag angesetzt.

Bereits im Wahlkampf hatte die Linke – die sich zuletzt von den Irrungen und Wirrungen innerhalb der Bundespartei mit dem expliziten Zusatz „Berliner Linke“ abgrenzte – die Umsetzung des Volksentscheids als zentrales Anliegen gesetzt. Im September 2021 hatten knapp 60 Prozent der Ber­li­ne­r*in­nen dafür gestimmt, die Berliner Bestände großer Wohnungsunternehmen zu vergesellschaften.

Der vorliegende Antrag nennt nun auch einen konkreten Zeitplan dafür. Ein Gesetzentwurf solle bis bis „spätestens Mitte 2024“ vom Abgeordnetenhaus verabschiedet sein; der „Fahrplan zur Umsetzung der Vergesellschaftung“ müsse in einem neuen Koalitionsvertrag festgehalten werden. Die An­trag­stel­le­r*in­nen berufen sich darauf, dass die vom Senat eingesetzte 13-köpfige Enteignungskommission in einem Zwischenbericht dem Land bereits die rechtliche Möglichkeit eingeräumt habe, ein solches Gesetz zu erlassen. Bis Mai soll der Abschlussbericht der Kommission vorliegen.

In weiten Teilen dürfte der Antrag auf Zuspruch stoßen. So hatte Co-Landeschef Tobias Schulze am Montag in der taz gesagt: „Egal welche Koalition regiert: Der Volksentscheid muss umgesetzt werden.“ Fraglich ist hingegen, wie realistisch es ist, einen konkreten Zeitplan in einen Koalitionsvertrag zu schreiben. Die Verfassung auch einfacher Gesetze kann schon mal Jahre dauern – erst recht bei einem komplexen juristischen Thema wie diesem, für das es bisher in Deutschland keine Vorbilder gibt.

Widerstand der SPD gilt als sicher

Auch bei den Grünen gibt es Sympathien für die Umsetzung des Volksentscheids. Widerstand dagegen hatte im Wahlkampf erneut Regierungschefin Franziska Giffey (SPD) geäußert. Ob mit der SPD ein solcher Passus umsetzbar ist, gilt daher als fraglich. Das Thema dürfte auch bei den am Montag laufenden Sondierungen zwischen SPD, Grünen und Linken eine zentrale Rolle spielen.

Sollte es nicht erneut zu Rot-Grün-Rot kommen, kündigen die An­trags­stel­le­r*in­nen schon mal an, „aus der Opposition heraus zusammen mit der Bewegung ebenso vehement für die Vergesellschaftung“ kämpfen zu wollen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.