Uni Bonn geht gegen Professorin vor: Guérot muss wohl gehen

Mit steilen Thesen zu Corona und Ukraine-Krieg sorgt die Politologin für Aufsehen und Kritik. Wegen Plagiaten ist sie jetzt offenbar ihren Job los.

Eine Frau mit roten Haaren lächelt in die Kamera

Ulrike Guérot bei Markus Lanz zu Gast im Juni 2022 Foto: teutopress/imago

BERLIN taz | Die Universität Bonn trennt sich offenbar von der umstrittenen Politikwissenschaftlerin Ulrike Guérot. „Die @unibonn hat mir wegen Plagiat in einem nicht-wissenschaftl. Buch von 2016 zum 31.3. gekündigt“, schrieb die 59-Jährige, die seit 2021 in Bonn als Professorin für Europapolitik tätig war, am Freitag auf Twitter. Guérot kündigte rechtliche Schritte gegen die Kündigung an.

Die Uni Bonn bestätigte auf Anfrage „arbeitsrechtliche Schritte“ wegen Plagiaten. Der Hochschule zufolge geht es dabei aber nicht nur um ein altes Buch: Das Rektorat habe die arbeitsrechtlichen Schritte eingeleitet, nachdem die „zuständigen Gremien“ der Universität entsprechende Plagiatsvorwürfe geprüft haben. Erwiesen habe sich der Verdacht dabei auch „bezogen auf den Veröffentlichungszeitraum seit dem Eintritt in die Universität Bonn im September 2021“.

Guérots Einwand, dass „es sich bei den relevanten Publikationen nicht um wissenschaftliche Veröffentlichungen handele“, sei man nicht gefolgt.

Einer breiten Öffentlichkeit bekannt geworden war Guérot ursprünglich mit Thesen, Schriften und Auftritten zu europapolitischen Themen. So forderte sie 2013 gemeinsam mit dem Schriftsteller Robert Menasse in dem Manifest „Gründung einer Europäischen Republik“ eine EU ohne Nationalstaaten.

Nah dran an „Querdenker“-Aussagen

Mit Beginn der Corona-Pandemie fand sie dann jedoch ein neues Thema: Intensiv betätigte sich als Kritikerin von Infektionsschutzmaßnahmen, teilweise mit Aussagen, die nahe an Verschwörungserzählungen der „Querdenker“-Szene lagen. „Wir bitten die USA, sich um Anthony Fauci und Bill Gates zu kümmern“, schrieb sie etwa in einer Publikation. „Wir schließen die WHO und durchforsten ihre finanziellen Verstrickungen mit der Pharmaindustrie. Wir lassen die dunklen Gestalten von Pfizer & Co nicht entkommen, wie wir damals die Banker haben entkommen lassen.“

Ähnlich provokant äußert sie sich seit 2022 zum russischen Krieg gegen die Ukraine. Die territoriale Integrität der Ukraine nennt sie „historisch geradezu absurd“. Und sie schreibt: „Studiert man die westlichen Kriegsvorbereitungen im Detail, so wird deutlich, dass der Ukraine die Rolle zukam, stellvertretend für den Westen einen Krieg mit Russland zu beginnen.“

Ihre Universität distanzierte sich daraufhin schon im Herbst in einer Stellungnahme von Guérot, ohne dabei ihren Namen zu nennen. Wis­sen­schaft­le­r*in­nen müssten in öffentlichen Äußerungen „allgemeine Standards guter wissenschaftlicher Praxis wahren“ und „nicht wissenschaftlich belegbare Behauptungen unterlassen“, hieß es darin. „Verdachtsfälle auf Fehlverhalten werden im Einzelfall von den zuständigen Stellen geprüft und gegebenenfalls sanktioniert.“

Die mutmaßliche Kündigung stützt sich jetzt allerdings nicht auf Falschbehauptungen oder Guérots Veröffentlichungen in rechten Medien wie der Schweizer Weltwoche, sondern eben auf Plagiate. Entsprechende Vorwürfe erhoben hatte schon im Juni 2022 der Politikwissenschaftler Markus Linden in der FAZ. Zum einen ging es dabei um Guérots Buch „Warum Europa eine Republik werden muss!“ aus dem Jahr 2016. Die Plagiate darin näherten sich Linden zufolge in ihrer „Großflächigkeit“ dem „Guttenberg-Standard“.

Zum anderen bezog er sich auf Guérots Corona-Buch „Wer schweigt, stimmt zu“ aus dem vergangenen Jahr. Nicht ausreichend gekennzeichnete Übernahmen von Textteilen anderer Au­to­r*in­nen führte Guérots Verlag auf „Flüchtigkeitsfehler“ zurück. Linden zufolge spricht die Art und Weise der Übernahme allerdings gegen ein Versehen und für absichtliche Plagiate.

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