Deutsche Industrie in Fernost: Krach um China-Strategie bei BASF

Der Chemieriese will 10 Milliarden Euro in China investieren – daran störte sich Vorständin Saori Dubourg. Nun verlässt sie den Dax-Konzern.

Eine Frau spricht an einem Rednerpult in ein Mikrofon

Saori Dubourg während einem Vortrag im Jahr 2019 Foto: Stefan F. Sämmer/imago

BERLIN taz | 1996 hatte sie dort nach ihrem BWL-Studium im Marketing angefangen, nun verkündete BASF mit zwei dürren Sätzen den Abgang von Saori Dubourg. Lange galt die 51-Jährige Vorständin als potentielle Nachfolgerin von Vorstandschef Martin Brudermüller. Auch Bayer-Chef Werner Baumann sollte sie laut Gerüchten beerben. Doch nun endete ihr Vertrag mit BASF abrupt bereits zum 28. Februar – und damit über zwei Jahre früher als geplant.

Seit 2017 saß die gebürtige Augsburgerin im Vorstand und war dort zuletzt für die Unternehmensbereiche Monomers, Performance Materials und Petrochemicals sowie Intermediates verantwortlich. Zudem war sie für die Region Europa zuständig. Seit 2020 saß Dubourg auch im Rat für nachhaltige Entwicklung der Bundesregierung. Sie verlasse BASF „im besten Einvernehmen“, hieß es in einer knappen Mitteilung. Auch aus Aufsichtsratskreisen von BASF hört man aber das Gegenteil.

Offenbar hatte sich Dubourg gegen das rege BASF-Engagement in China ausgesprochen. In der Provinz Guangdong baut der Dax-Konzern gerade einen riesigen neuen Verbund-Standort – es soll der drittgrößte des Unternehmens werden und bereits der zweite dieser Art in China. Kosten: rund zehn Milliarden Euro bis 2030.

Nicht zuletzt seit der im Ukraine-Krieg deutlich gewordenen Abhängigkeit Deutschlands von autoritären Regimes wie Russland fragen sich viele, was passiert, wenn China Taiwan überfällt. Und, ob Konzerne wie VW, Siemens oder eben BASF, die einen Großteil ihres Umsatzes im Reich der Mitte erzielen, diese Abhängigkeit im Konfliktfall nicht teuer zu stehen kommen könnte.

Milliarden-Investitionen in Fernost

Im vergangenen Jahr hatte die Bundesregierung deshalb den Einstieg von chinesischen Investoren bei deutschen Hightech-Firmen gestoppt. Die Minderheitsbeteiligung eines chinesischen Konzerns an einem Hafenterminal in Hamburg wurde aber ermöglicht.

Nach BASF-Lesart sind die Milliarden-Investitionen in Fernost notwendig für die Entwicklung des Unternehmens. „China repräsentiert schon heute mehr als 40 Prozent des globalen Chemiemarkts und bleibt in dieser Dekade der größte Wachstumsmarkt in der Chemie“, sagt BASF-Finanzchef Hans-Ulrich Engel. Derzeit steuere China 15 Prozent zum Konzernumsatz bei. „Wir sind als weltweiter Spieler in China unterrepräsentiert“, so Engel.

BASF-Chef Brudermüller geht sogar noch weiter: Europa als Standort verliere kontinuierlich an Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit. Für Investitionen in der Region, die er als überreguliert bezeichnete, spreche nicht mehr viel.

Auch im schlechtesten Szenario, dass man die Anlagen etwa wegen Sanktionen nicht nutzen könne, würde dies BASF „nicht unter Wasser bringen“, sagt Engel. „Falls China isoliert werden würde, zum Beispiel wegen eines Angriffs auf Taiwan, bekommen wir weltwirtschaftlich allerdings ein ganz anderes Szenario – in einer Dimension, die ich mir nicht ausmalen möchte“

Dubourgs Nachfolger im Vorstand wird ab März Stephan Kothrade, der seit 1995 für BASF arbeitet. Mit Technologiechefin Melanie Maas-Brunner ist nun nur noch eine Frau im BASF-Vorstand. Das Unternehmen legt an diesem Freitag seine Zahlen für 2022 vor.

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