Chinas Volkskongress: Handverlesener Machtzirkel

Für Chinas Premierminister Li Keqiang markiert der Volkskongreß das Ende seiner Laufbahn. An seine Stelle soll der Xi-treue Li Qiang treten.

Der scheidende chinesische Premierminister Li Keqiang und Präsident Xi Jinping

Sind sich nicht immer grün gewesen: Chinas Präsident Xi Jinping und Premierminister Li Keqiang Foto: Thomas Peter/reuters

Mit dem am Sonntag in Peking eröffneten jährlichen Frühjahrs­plenum des Nationalen Volkskongresses, Chinas Scheinparlament, enden zehn Jahre der chinesischen Xi-Li-Führung. Staats- und Parteichef Xi Jinping als die Nummer eins und der vor allem für die Wirtschaft zuständige Premierminister Li Keqiang als bisherige Nummer zwei werden fortan getrennte Wege gehen.

Sie können unterschiedlicher kaum sein: Während Li jetzt in Rente geschickt wird, wie es der KP-Parteitag im letzten Oktober beschlossen hat, beginnt Xi als erster Führer Chinas seit Mao Tse-tung eine dritte Amtszeit und das mit ungewöhnlich weitreichenden Vollmachten. Mit Lis Abgang wird erstmals kein Politiker mehr in der Führungsspitze vertreten sein, der nicht zum von Xi selbst handverlesenen Machtzirkel gehört.

Li Keqiang stand bekanntlich Xis Vorgänger Hu Jintao nahe, der bei dem Parteitag demütigenderweise vom Podium entfernt worden war.

Li ist sicher nie ein demokratischer Reformer gewesen, sondern er war stets treuer Parteisoldat. Im Vergleich zum Ideologen Xi ist er aber ein wirtschaftsliberaler, technokratischer Pragmatiker. Der studierte Ökonom versuchte seit Jahren, die auf hohes Wachstum ausgerichtete Wirtschaft in Richtung qualitatives Wachstum und stärkeren Binnenkonsum umzusteuern. Mit sinkenden Wachstumszahlen sind jedoch keine positiven Schlagzeilen zu machen.

Li Keqiang geriet nicht nur immer stärker in den Schatten von Xi, sondern teilweise sogar auf Konfliktkurs mit ihm. Xi drückte dem Land und seiner Regierung zunehmend seinen ideologischen Stempel auf und ließ Li immer weniger zum Zuge kommen, je stärker er seine eigene Macht konsolidiert hat. Xi wurde laut Volksmund zum „Chairman of everything“, während eine Rede Lis vom August in Shenzhen, wo er den Wirtschaftsreformer Deng Xiaoping lobte, zensiert wurde. Nicht zuletzt mit Blick auf seinen designierten Nachfolger Li Qiang, der als Xi-Vertrauter und dortiger Parteichef für Shanghais fatalen Lockdown verantwortlich war, könnte Li Keqiang bald vermisst werden.

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Asienredakteur seit 1997, studierte Politologie in Berlin und Communication for Development in Malmö. Organisiert taz-Reisen in die Zivilgesellschaft, Workshops mit JournalistInnen aus Südostasien und Han Sens ASIENTALK. Herausgeber der Editionen Le Monde diplomatique zu Südostasien (2023), China (2018, 2007), Afghanistan (2015) und Indien (2010). Schreibt manchmal auch über Segeln. www.fb.com/HanSensAsientalk @SHansenBerlin

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