Auftrittsverbot für belarussische Band: Antikriegslieder nicht erlaubt

Eine belarussische Antikriegsband konnte in Montenegro und Serbien nicht auftreten. Wegen prorussischer Proteste wurden die Konzerte abgesagt.

Hat Fans in Serbien: Putin als Kühlschrankmagnet bei einem Straßenhändler in Belgrad Foto: Darko Vojinovic/ap

BERLIN taz | Politischer Druck mit dem Ziel, proukrainische Lieder in Zeiten des russischen Angriffskrieges nicht in den Clubs in Montenegro singen zu lassen. So interpretiert die belarussische Band Lyapis-Trubetskoy die kurzfristige Absage der zwei geplanten Konzerte in den Küstenstädten Budva und Kotor, die am 14. und 15. Februar hätten stattfinden sollen.

Am Abend des 14. Februar versammelten sich Pro-Kreml Demonstranten von einem Club in Budva, in dem das Konzert geplant war. Als Folge der Proteste erteilte der Veranstalter der belarussische Musikgruppe eine Absage. Kurz daraufhin kam das „Nein“ für das zweite Konzert der Band.

Als eine Bedrohung für die Sicherheit der in diesem Balkanstaat lebenden Ukrai­ne­r*in­nen sieht die Botschaft der Ukraine in Montenegro den Vorfall. „Dieser Fall ist beispiellos“, schreibt die Auslandsvertretung in einer Mitteilung auf Facebook:

„Jeglicher Druck auf die Eigentümer des Clubs, in dem der Auftritt stattfinden sollte, und auf die ukrainischen Gäste, sowie öffentliche Demonstrationen von Aggression und Hassreden sind absolut inakzeptabel und müssen kategorisch verurteilt werden.“ Die ukrainische Botschaft in Montenegro fordert die Behörden auf, „dringend“ auf diesen Vorfall zu reagieren. Das montenegrinische Außenministerium hat sich bis jetzt zum Fall nicht geäußert.

Wichtige Lieder für die Euro-Maidan-Revolution

Die belarussische Gruppe Lyapis-Trubetskoy ist bekannt für ihre Anti-Lukaschenko und Anti-Putin-Haltung. Besonders durch die Pro-EU-Proteste 2014 in der Ukraine, die sogenannten Euro-Maidan-Proteste, wurde der Bandleader Sergej Mikhalok zum Anti-Russland Symbol. Mikhalok, der in den letzten Jahren in Kyjiw wohnte, schrieb das Lied “Krieger des Lichts“, das zur Euromaidan-“Freiheitshymn“ wurde.Die nicht stattgefundenen Auftritte in Montenegro waren teil einer anti-Kriegstournée, um die Ukraine zu unterstützen.

Bereits ein paar Tage davor, am 12. Februar, wurde ein Konzert von Lyapis-Trubetskoy in der serbischen Hauptstadt Belgrad abgesagt, nachdem die serbisch nationalistische Oppositionspartei Dveri Druck auf die lokalen Behörden gemacht hatte. Dveri ist gegen die EU, für ein Bündnis mit Russland und einen Kampf für das „serbische Kosovo.“

Seit 2008 haben Montenegro und Russland eine visafreie Regelung und die montenegrinische Küste wurde von russischen Bür­ge­r*in­nen abgekauft. Vor dem Kriegsbbeginn am 24. Februar 2022, und bereits seit mindestens dem 19. Jahrhundert, gilt Montenegro als eines der beliebtesten Reiseziele für russische Tourist*innen.

Darüber hinaus: die montenegrinische Staatsbürgerschaft lässt sich „leicht“ für einen Betrag zwischen 100.000 und 450.000 Euro erwerben. Diese Möglichkeit hatten über die Jahre zahlreiche russische Oligarchen genutzt, um ihr Vermögen in Sicherheit zu bringen. Ein Vermögen, das durch die seit März 2022 eingeführten Sanktionen eingefroren ist.

Laut der montenegrinischen regierungskritischen Tageszeitung Pobjeda gab es zum Beispiel im Jahr 2020 insgesamt 317 Einbürgerungen. Seit dem Start dieser Maßnahmen 2018 wurden bis Anfang 2020 circa 2.000 Einbürgerungen registriert.

Einer am längsten regierenden Politiker in Europa ist der Präsident Montenegros, Milo Ðukanović, der zuvor sechsmal als Premierminister gewählt wurde. Er gilt als Architekt der montenegrinischen Unabhängigkeit und hat seinen Kurs über die Jahre Richtung Westen gerichtet. Trotzdem blieb die Nähe zu Russland groß, auch wegen des gemeinsamen orthodoxen Glaubens. Am Anfang des Krieges pflegte Ðukanović gute Beziehungen sowohl mit der Ukraine als auch mit Russland.

Das änderte sich, als Russland im März das Land auf die Liste der feindlichen Staaten setzte und als Montenegro im April sich die EU-Sanktionen gegen Russland anschloss.

Montenegro unterzeichnete das Nato-Beitrittsprotokoll im Jahr 2016 und wurde ein Jahr später Nato-Mitglied.

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