Vertrag zwischen Serbien und Kosovo: Naiv und prinzipienlos

Glauben EU und USA wirklich, dass man Vučić durch den Grundlagenvertrag gegen Putin aufstellen könne? Sie verraten eher Demokratie und Menschenrechte.

Vier Männer an einem Tisch mit Häppchen

An einem Tisch in Brüssel, es gibt Häppchen: Aleksandar Vučić (l) und Alban Kurti (r) Foto: Virginia Mayo/ap

Wahrscheinlich wird er es doch noch tun. Der Kosovare Albin Kurti soll den von der EU und den USA geforderten Vertrag mit Serbien unterschreiben. Wochenlang hatte man die Albaner unter Druck gesetzt. Wohl wissend, dass die Kosovoalbaner letztlich alles tun werden, was die US-Diplomaten verlangen. Denn ohne die Schutzgarantien der USA ist Kosovo nichts. Auf Europa kann sich das Land ohnehin nicht verlassen. Also, was bleibt Kurti anderes übrig als zu unterschreiben und damit eine Säule seiner eigenen Politik zu zerstören.

Dass die Europäer auch noch mitspielen wollen bei dieser Tragikomödie, ist nicht anders zu erwarten. Ganz nett, den Grundlagenvertrag von 1971 ins Spiel zu bringen. Damals machten beide Seiten Zugeständnisse. Und die DDR durfte Mitglied der UNO werden. Das war sicherlich damals ein Durchbruch für die DDR. Was sich aber heute abspielt, ist eine Farce – das Europa der EU tritt nun offen für die Politik der ethnischen Trennungen ein, sie will den Verbund serbischer Gemeinden mit all ihren symbolisch negativen Konsequenzen für das Zusammenleben der Menschen im gesamten Westbalkan durchsetzen.

Wer meint, dieser Vertrag diene dem Frieden, steht in Gefahr, einem Etikettenschwindel aufzusitzen. Es geht der EU und den USA auf dem Balkan nicht mehr um die Durchsetzung demokratischer und menschenrechtlicher Werte, sondern um einen Kompromiss mit dem autokratisch regierenden Serbenführer Aleksandar Vučić, den man so aus der Umklammerung Putins holen will. Glaubt etwa der US-Botschafter in Serbien, Christopher Hill, wirklich, dass man Vučić umpolen und gegen Putin aufstellen könne, wenn man Demokratie und Menschenrechte verrät? Diese Appeasementpolitik gegenüber Serbien hat schon jetzt nicht nur im Kosovo, sondern auch in Bosnien und Herzegowina, in Montenegro und in Nord-Makedonien negative Konsequenzen. Die „serbische Welt Vučić’“ darf sich wie die „russische Welt Putins“ über so viel amerikanische Naivität und europäische Prinzipienlosigkeit freuen.

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Erich Rathfelder ist taz-Korrespondent in Südosteuropa, wohnt in Sarajevo und in Split. Nach dem Studium der Geschichte und Politik in München und Berlin und Forschungaufenthalten in Lateinamerika kam er 1983 als West- und Osteuroparedakteur zur taz. Ab 1991 als Kriegsreporter im ehemaligen Jugoslawien tätig, versucht er heute als Korrespondent, Publizist und Filmemacher zur Verständigung der Menschen in diesem Raum beizutragen. Letzte Bücher: Kosovo- die Geschichte eines Konflikts, Suhrkamp 2010, Bosnien im Fokus, Berlin 2010, 2014 Doku Film über die Überlebenden der KZs in Prijedor 1992.

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