Schwarz-Grün nach Berlinwahl?: Spalter schaffen keine Einheit

Könnte Schwarz-Grün die Spaltung der Stadt überwinden? Nein. Die CDU hat mit rassistischen Ausfällen Stimmung gemacht und ist dafür unbrauchbar.

Die Spitzenkandidaten von CDU und Grünen, Kai Wegner und Bettina Jarasch, stehen im RBB-Wahlstudio im Abgeordnetenhaus.

Will lieber zu Linken und SPD: Bettina Jarasch Foto: dpa | Fabian Sommer

Die Ergebnisse der Berlin-Wahl zeigen klar: Berlin ist in vielerlei Hinsicht gespalten, auch zwischen Innenstadt und Stadtrand. In so ziemlich allen Außenbezirken führt inzwischen die CDU, die insgesamt über 10 Prozentpunkte zugelegt hat. Innerhalb des S-Bahn-Rings dagegen dominieren vor allem die Grünen. Wäre es deshalb wünschenswert, dass CDU und Grüne koalieren, um gewissermaßen beide Elemente – Innenstadt und Außenbezirke – in die Regierung zu integrieren?

Auf keinen Fall. Denn eine Regierungsbeteiligung der CDU würde die Spaltung der Stadt sogar noch verschärfen. Wie sich aus den Umfragen von Infratest ableiten lässt, verdankt die CDU ihren Wahlerfolg vor allem ihren rassistischen Ausfällen nach der Berliner Silvesternacht. 96 Prozent aller neuen Wäh­le­r:in­nen gaben demnach der Partei ihre Stimme, „damit sich in Berlin endlich was ändert“ – vor allem hinsichtlich der Themen „Recht und Ordnung“ und „Probleme mit Zuwanderern“.

Was sich in Berlin also ändern soll, dass ist nach Ansicht dieser vermutlich älteren Menschen, dass der Staat mit mehr Repression gegen migrantische und arme Communities vorgehen soll. Schon die Innenpolitik der SPD der vergangenen Jahre war von diesem Law-and-Order-Ansatz geprägt. Die CDU hätte aber wohl kein Problem damit, da noch eine Schippe draufzulegen. Nur: Soziale Probleme wie Kriminalität wird die Partei damit nicht lösen, sondern nur verschärfen. Und das wiederum führt zu mehr – nicht weniger – Spaltung in der Stadt.

Keine Demokratie für Mi­gran­t:in­nen
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Diejenigen, die vom Rassismus der CDU betroffen sind, wurden derweil im demokratischen Prozess oft schlicht übergangen. 23 Prozent der volljährigen Berliner Bevölkerung hat bei Wahlen mangels deutschen Passes keine Stimme – auch wenn sie seit Jahrzehnten hier leben. Nur mutmaßen lässt sich, ob der Wahlerfolg der CDU ebenso groß ausgefallen wäre, wenn wirklich alle Ber­li­ne­r:in­nen wählen dürften. Und wie bitte soll man Spaltung überwinden, wenn man den Teil rassistisch diskriminiert, der gar nicht mitstimmen durfte?

Wer argumentiert, dass Schwarz-Grün die Stadt zusammenführen könnte, wie schon die Koalition aus SPD und PDS im Jahr 2001 Ost und West zusammengeführt habe, irrt. Die beiden Situationen sind schlicht nicht vergleichbar. Darüber hinaus ist völlig offen, ob die Rot-Rot ab 2001 überhaupt zu einer Annäherung zwischen Ost und West beigetragen hat. Heute geht es vor allem um politische Differenzen – die sind in einer Demokratie aber gar kein Problem. Denn bei Wahlen geht es um Interessenskonflikte. Wer gewinnt, darf entscheiden. Ein Anspruch, dass alle mitmachen dürfen, besteht schlicht nicht.

Bisher fehlt auch die Fantasie, wie Grüne und CDU ihre politischen Differenzen beilegen könnten. Erstere müssen insbesondere nach der Räumung von Lützerath – die der Partei bei 105 Stimmen Unterschied zur SPD die Führung in einem möglichen Rot-Grün-Rot-Bündnis gekostet haben könnte – beim Klimaschutz und der Verkehrswende liefern. Die CDU ist aber reine Autopartei. Haben die Grünen irgendeine Wahl, dürften sie sich deshalb für Rot-Grün-Rot entscheiden.

Zumal Schwarz-Grün denkbar unbeliebt ist: Gerade 16 Prozent der Wäh­le­r:in­nen fänden das Bündnis gut. Nur 21 Prozent der Grünen-Wählenden wollen diese Koalition – gegenüber 77 Prozent Zustimmung für Rot-Grün-Rot.

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