Jahrestag des Bombenangriffs auf Dresden: Gebremster Naziaufmarsch

Rund 400 Teilnehmer hatte die geschichtsrevisionistische Veranstaltung in Dresden. Ebenso viele Antifaschisten stellten sich ihnen entgegen.

Sitzblockade

Gegendemonstranten protestieren mit einer Sitzblockade gegen einen Aufzug Rechtsextremer auf der Reitbahnstraße in Dresden Foto: Sebastian Kahnert/dpa

DRESDEN taz | Weniger Neonazis als erwartet haben sich am Samstagnachmittag vor dem Dresdner Hauptbahnhof zu einem Gedenkmarsch an die Opfer der Bombardierung der Stadt im Zweiten Weltkrieg eingefunden. Statt der angekündigten 750 wurden nur etwa 400 Teilnehmer gezählt. Der Antifa-Block in unmittelbarer Nähe erreichte eine ähnliche Größenordnung. Etwa zwölf weitere junge Nazi-Gegner blockierten vorübergehend die geplante Marschroute. Laut Polizei gab es später noch eine zweite Blockade.

Nach 1990 ist das Gedenken an die Zerstörung der Dresdner Innenstadt durch britische und amerikanische Bomber in der Nacht vom 13. zum 14. Februar 1945 zunehmend durch nazistische und geschichtsrevisionistische Kräfte im Geiste der NS-Propaganda missbraucht wurden. Einen Höhepunkt erreichten diese Aufmärsche in den Jahren 2008 bis 2011, als bis zu 7000 Nazis aus ganz Europa durch die Stadt zogen. Unterstützung von außen und eine Formierung der Dresdner Stadtgesellschaft drängten diese rechten Kräfte erfolgreich zurück.

Als Anmelder fungierte in diesem Jahr eine Einzelperson und nicht wie früher die Junge Landsmannschaft Ostpreußen. Ein Transparent am Lautsprecherwagen war im Namen der rechtsextremen „Freien Kräfte Sachsen“ verfasst. Dem Aufruf folgten zu 90 Prozent Männer überwiegend jüngeren Alters. Einige von ihnen trugen Mützen in den russischen Farben Blau-Weiß-Rot. Auch eine russische Flagge wurde geschwenkt, ebenso eine iranische und eine weiß-rote mit dem Sachsenross. Transparente verrieten, dass Teilnehmer auch aus verschiedenen Regionen Sachsens angereist waren.

Ausgerechnet zu Klängen von Richard Wagners heiterstem Frühwerk „Rienzi“ im italienischen Stil setzte sich der Trauerzug mit etwa einer Stunde Verspätung gegen 15 Uhr schließlich doch noch in Bewegung. Die Route sollte angeblich „entlang der Bombenkrater“ durch die Innenstadt führen. Dagegen hatte ein Bündnis „WiEdersetzen“ an einigen Brennpunkten mobilisiert. Zumindest am frühen Nachmittag kam es aber noch zu keinen Kollisionen. 19 Dresdner Kulturinstitutionen hatten an zentralen Punkten der Stadt außerdem Plakate installiert.

Die Polizei war mit mehr als tausend Einsatzkräften in der Stadt präsent. Sprecher Thomas Geithner äußerte sich optimistisch, dass es nicht zu Ausschreitungen kommen werde. Die Stadt Dresden hatte zuvor den Gebrauch des Begriffes „Bombenholocaust“ in jeglicher schriftlicher oder mündlicher Form untersagt. Auch hinsichtlich der Marsch- und sogar Kleiderordnung gab es strenge Auflagen. An Spruchbändern der auf dem Lautsprecherwagen mitgeführten Kränze der Nazis fiel die zurückhaltende Wortwahl auf.

Am Montagabend, dem eigentlichen Jahrestag der Zerstörung, werden zivile Gedenkveranstaltungen wie die Menschenkette oder ein Konzert mit Bachs h-Moll-Messe in der Semperoper von den üblichen Montagskundgebungen der Querdenker oder den Pegida-Resten überlagert. Auch dagegen ist Widerstand angekündigt.

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