Petition von Wagenknecht und Schwarzer: Zwei wie Pech und Schwefel

Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer bilden eine überraschende Allianz. Sie fordern Verhandlungen im Ukraine-Krieg. Ihr Plan ist erwartbar schräg.

Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer lachen

Friedlich vereint: Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer Foto: picture alliance

BERLIN taz | Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer haben zusammen eine Petition mit dem Titel „Manifest für Frieden“ gestartet und für den 25. Februar – auf den Tag fast genau ein Jahr nach Russlands Angriff auf die Ukraine – zu einer Demonstration am Brandenburger Tor aufgerufen. Bereits Mittwochnacht hatte Wagenknecht im Polit-Talk bei Sandra Maischberger appelliert, es brauche jetzt neue Friedensinitiativen, um Russland an den Verhandlungstisch zu bringen.

Unerwartet ist diese Allianz zwischen Links-Solistin Wagenknecht und Alt-Aktivistin Schwarzer schon. Doch auf den zweiten Blick ergibt sie Sinn. Beide gehörten in den letzten Monaten zu den prominentesten Stimmen in der deutschen Öffentlichkeit, die sich gegen Waffenlieferungen und für Verhandlungen mit Putin positioniert haben.

Für ihre Petition haben sie zudem eine wilde Mischung prominenter Erstunterzeichner hinter sich versammelt. Unter ihnen finden sich Satiriker und EU-Parlamentsmitglied Martin Sonneborn, Zeitungsverleger Holger Friedrich, Theologin Margot Käßmann und Publizist und Politiker Jürgen Todenhöfer.

In ihrem Petitionstext auf change.org weisen beide zwar – gerade für Wagenknecht'sche Verhältnisse – überraschend deutlich darauf hin, dass Russland die ukrainische Bevölkerung „brutal überfallen“ hat und dass die Menschen dort Solidarität brauchen. Auch warnen sie vor der Gefahr eines maximalen Gegenschlags Putins.

Was bedeutet Frieden?

Doch es bleibt weiterhin die suggerierte Ähnlichkeit Russlands und der Ukraine. Schon in der Maischberger-Sendung sagte Wagenknecht, es kämpfe „der russische Oligarchen-Kapitalismus gegen den ukrainischen Oligarchen-Kapitalismus.“ Im Petitionstext wird nun nebulös formuliert, es sei Selenskis Ziel, Russland „auf ganzer Linie zu besiegen“. Meinen sie damit lediglich eine komplette Zurückeroberung ukrainischer Gebiete? Es mutet eher so an, als wäre die Formulierung extra undeutlich gewählt, um auch die Interpretation zuzulassen, der ukrainische Präsident wolle Russland erobern, „auf ganzer Linie“ eben.

Das ist stellvertretend für das Grundproblem, das so vielen Friedensforderungen in der öffentlichen Debatte der letzten Monate innewohnt. Die explizite Forderung nach Verhandlungen kann niemals verwerflich sein. Doch sind es vor allem die Zwischentöne, die sich implizit in den Ausführungen Wagenknechts, Schwarzers und anderer Gleichgesinnter verstecken und Haltungen transportieren, die kontrafaktisch und ideologisch anmuten.

Sogar wenn man diese Zwischentöne nicht wahrnimmt und sich auf Sachebene mit den formulierten Zielen auseinandersetzt, bleiben altbewährte Widersprüche in Wagenknechts und Schwarzers Logik offen. Wie kann man sich in Verhandlungen auf Putin verlassen, nachdem er jahrelang immer wieder gelogen und Abmachungen gebrochen hat? Inwiefern kann man „Schaden vom Volke wenden“, wenn man Kriegstreiber Putin mit Appeasement-Politik stärkt?

Ein Frieden im Sinne eines Einfrierens der Frontlinien, wie es Wagenknecht so häufig gefordert hat, würde wohl lediglich Russland stärken und wie schon in Verhandlungen nach der Krim-Annexion 2014 weitere Konflikte in die Zukunft verlagern.

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