Entsorgung von radioaktivem Müll: Streit über Atom-Logistikzentrum

Bür­ge­r:in­nen und Kommunen legen ein Gegengutachten zum Standort Würgassen in NRW vor. Der Bau soll indes schon dieses Jahr losgehen.

Der Buchstabe W an der Heckscheibe eines Fahrzeuges

W wie Widerstand Foto: Angela to Roxel/imago

BERLIN taz | Soll es auf dem Gelände des ehemaligen Atomkraftwerks Würgassen im nördlichen Nordrhein-Westfalen ein neues Zwischenlager geben? Die Anlage soll als Logistikzentrum für das geplante Endlager im niedersächsischen Schacht Konrad dienen.

In der Region, in der Hessen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen aufeinandertreffen, regt sich Widerstand. „Liebe Bürger, Bürgerinnen sind nicht anwesend“, eröffnete Marcus Dittrich, parteiloser Bürgermeister von Hessens nördlichster Gemeinde Bad Karlshafen, seine Rede am Dienstagvormittag. Zwischen seinem Ort und Würgassen liegen etwa zehn Autominuten. Dittrich ist sich sicher, dass „dieses Logistikzentrum bei uns an der falschen Stelle steht“.

Er sprach auf Einladung der Bürgerinitiative „Atomfreies 3-Ländereck“. Sie hat ein Gutachten beim Planungsbüro Regio­Consult beauftragt, das dieses am Dienstag vorstellte. Mehrere Kommunen aus der Gegend hatten sich an der Finanzierung beteiligt. Das Papier scheint Dittrichs Sicht auf die Dinge zu untermauern. Demnach haben die Gutachten, auf die sich die bundeseigene Gesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ) beruft, deutliche Mängel.

Vor allem sieht die RegioConsult Probleme bei der Verkehrsanbindung. Die Straßenanbindung sei nicht ausreichend für die geplanten Atommüll-Liefermengen, erklärte der Gutachter Wulf Hahn. Und bei der Begutachtung der Schienenanbindung habe man bislang nicht einberechnet, welchen Sanierungsbedarf eingleisige Strecken und Brücken hätten.

Endlagergesellschaft verteidigt Logistikzentrum

„Atommüll aus der ganzen Republik soll nach Würgassen gekarrt werden“, sagte Dirk Wilhelm vom Verein „Atomfreies 3-Ländereck“. Es geht um mehr als 300.000 Kubikmeter Strahlenmüll, der im Schacht Konrad eingelagert werden soll: Im Jahr 2027 soll das Endlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle in Betrieb gehen und beispielsweise Pumpen, Rohre, Schutzkleidung, verstrahltes Abbruchmaterial aus den AKWs, aber auch Abfälle aus der Medizin und Forschung aufnehmen.

„Der Bund hat diesen Standort ausgewählt, ohne ein vernünftiges Genehmigungsverfahren und ohne Beteiligung der Öffentlichkeit“, kritisierte Wilhelm. Mit dem Bau der Halle, so groß wie drei Fußballstadien, soll in diesem Jahr begonnen werden.

„Viele Zwischenlager für Atommüll sind so voll, dass da nicht mal mehr ein Keks reinpasst“, erklärte eine Expertin der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) das Vorhaben gegenüber der taz. Nicht überall sei der Atommüll schon im richtigen Container, zudem sei eine bestimmte Reihenfolge der Einlagerung festgelegt.

„Erst die richtige Kombination aus Abfall plus Behältnis plus Reihenfolge bringt Sicherheit“, sagt die Expertin der BGE, die quasi die Kontrollbehörde der Einlagerung ist. Durch das Logistikzentrum könnte Deutschland dabei zehn Jahre Zeit einsparen.

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