Chinas angekündigte Friedensinitiative: Mit Vorsicht zu genießen

Bei Chinas Vorstoß für Frieden in der Ukraine ist Skepsis angebracht. Bis heute lehnt Peking es ab, Wladimir Putin als Aggressor zu bezeichnen.

Chinas Außenminister Wang Yi

Chinas Außenminister Wang Yi in Budapest Foto: Bernadett Szabo/reuters

Wenn Wang Yis Friedensinitiative von europäischen Staatschefs als Hoffnungsschimmer aufgenommen wird, dann ist dies eine nur allzu verständlich Reaktion: Natürlich müssen in diesem tragischen Krieg sämtliche Möglichkeiten ausgelotet werden, die einen baldigen Frieden herbeiführen könnten. Und wenn es einen Staat gibt, der Einfluss auf Russland haben könnte, dann ist dies allen voran der übermächtige Handelspartner China.

Rational betrachtet ist Pekings Vorstoß indes kaum mehr als der Versuch, als sich nach einem katastrophalen Imageverlust auf internationaler Bühne als verantwortliche Staatsmacht zu präsentieren. Denn auch nach knapp einem Jahr militärischer Auseinandersetzungen weigert sich die Regierung in Peking unverändert, Wladimir Putin überhaupt als Aggressor zu benennen. Mehr noch: Der Krieg wird in den chinesischen Staatsmedien meist nicht einmal als solcher bezeichnet.

Dass Peking zudem von der derzeitigen Situation profitiert, ist offensichtlich. Russland ist zunehmend abhängig von der chinesischen Wirtschaft. Und Peking erhält von Moskau preiswert Öl, moderne Kampfflugzeuge und politische Rückendeckung beim Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. Beide Staaten eint zudem der Wille, die westliche Dominanz – angeführt von den USA – zu durchbrechen.

Doch die chinesische Staatsführung ist sich gleichzeitig sehr wohl darüber im Klaren, dass sie gewisse rote Linien nicht überschreiten darf. Waffenlieferungen nach Russland wären ein solches Tabu. Einen offenen Bruch mit dem Westen, und insbesondere mit Europa, kann sich China nicht erlauben. Die Europäische Union ist weiterhin Chinas wichtigster Handelspartner, zudem ist man abhängig von Halb­leitern aus Südkorea und Taiwan.

China hat sich zwar langfristig auf die Seite der Russen geschlagen, doch es möchte gleichzeitig nicht zum Ziel westlicher Sanktionen werden. Gute Voraussetzungen für eine neutrale Vermittlerrolle sind das nicht.

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Seit 2019 China-Korrespondent mit Sitz in Peking. Arbeitete zuvor fünf Jahre lang als freier Journalist für deutschsprachige Medien in Seoul, Südkorea. 2015 folgte die erste Buchveröffentlichung "So etwas wie Glück" (erschienen im Rowohlt Verlag), das die Fluchtgeschichte der Nordkoreanerin Choi Yeong Ok nacherzählt. Geboren in Berlin, Studium in Wien, Shanghai und Seoul.

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