Geplanter Flüchtlingsgipfel: Kommunen fordern „Masterplan“

Die Gemeinden klagen, sie seien mit der Versorgung von Geflüchteten überlastet. Nun gibt es bald einen „Flüchtlingsgipfel“.

Eine Person schiebt Klappbetten über einen Gang

Eine Interims-Flüchtlingsunterkunft der Johanniter auf dem Gelände der Messe Dresden Foto: Sylvio Dittrich/imago

BERLIN taz | Im Vorfeld des anstehenden Flüchtlingsgipfels fordert die grüne Migrationspolitikerin Filiz Polat, bei der Verteilung Geflüchteter mehr auf soziale Netzwerke der Schutzsuchenden zu setzen. „Geschätzt haben rund 30 Prozent der Menschen, die hier Schutz suchen, bereits Verwandte in Deutschland“, sagte Polat der taz. „Wenn wir da eine Unterbringung direkt bei der Familie organisieren könnten, wäre das eine der schnellsten und unbürokratischsten Möglichkeiten, Erstaufnahmeeinrichtungen und Kommunen zu entlasten.“ Gleichzeitig fördere es die Integration der Menschen.

Am Sonntag hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) nach anhaltendem Druck aus den Kommunen angekündigt, in den kommenden zwei bis drei Wochen erneut einen „Flüchtlingsgipfel“ einzuberufen. Bei diesem soll der Bund mit Ver­tre­te­r*in­nen der Länder und Kommunen Probleme bei der Verteilung, Unterbringung und Versorgung von Geflüchteten besprechen. Auch die Integrationsbeauftragte des Bundes und die Bundesbauministerin werden teilnehmen.

Schon lange klagen viele Kommunen, ihre Kapazitäten bei der Unterbringung und Versorgung der Menschen seien ausgeschöpft. Entsprechend forderte der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds, Gerd Landsberg, beim nun anstehenden Gipfel müsse ein „echter Masterplan“ herauskommen.

Scholz mahnt konsequente Abschiebung an

Statt der Bundesinnenministerin müsse Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sich der Sache annehmen, kritisierte Reinhard Sager, Präsident des Deutschen Landkreistags. Auch die Unionsfraktion frotzelte, die Kommunen bräuchten kein „Gipfelchen“ bei Faeser, sondern einen „richtigen Gipfel“ im Bundeskanzleramt. Wichtiger als die Personalie sei, „dass endlich nachhaltige Strategien statt kurzfristiger Lösungen gefunden werden, um allen Geflüchteten ein gutes Ankommen zu ermöglichen“, erklärte hingegen Clara Bünger, fluchtpolitische Sprecherin der Linksfraktion.

Wenn es in den Kommunen Engpässe bei der Unterbringung und Versorgung gebe, sei „nicht mehr Abschottung die Lösung, sondern es muss massiv in bezahlbaren Wohnraum, Kitas und Schulen investiert werden“, so Bünger. Erst am Wochenende hatte Bundeskanzler Scholz die konsequente Abschiebung abgelehnter Asylsuchender angemahnt.

Auch die Grüne Filiz Polat verwahrt sich dagegen, Probleme bei der Versorgung mit der Debatte über Abschiebungen zu verknüpfen. „Ich sehe da erst mal keinen Zusammenhang“, sagte sie der taz. „Bei den Hauptherkunftsländern handelt es sich ganz klar um Kriegs- und Krisengebiete, und wir sind humanitär und rechtlich in der Pflicht, diesen Menschen zu helfen.“ Auch bei vielen abgelehnten Asylsuchenden etwa aus Afghanistan oder dem Iran gäbe es aus gutem Grund ein Abschiebeverbot.

Eine Absage erteilte Polat auch den Plänen des neuen Migrationssonderbeauftragten Joachim Stamp (FDP). Er hatte vorgeschlagen, deutsche Asylverfahren im Ausland durchzuführen – etwa in nordafrikanischen Staaten. So etwas sei praktisch, aber auch völkerrechtlich nicht umsetzbar: „Wir Grünen lehnen eine Verlagerung von Asylverfahren ins Ausland ab“, sagte Polat.

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