Russische Propagandasender in Afrika: Putins Charme-Offensive

Russlands Einfluss auf die Medienlandschaft in Afrika wächst. Mit eigenen Sendern verbreitet man Propaganda und schult Personal.

Ein Fernsehstudio, im Hintergrund Putin auf großen Bildschirmen

Präsident Putin im Dezember 2020 zugeschaltet bei Russia Today Foto: Itar-Tass/imago

KAMPALA/COTONOU taz | In den Außenministerien von Russland und Uganda ist man sich einig: Ugandische Journalisten sollen zu Trainings ins Hauptgebäude des russischen Staatssenders Russia Today (RT) nach Moskau eingeladen werden. Außerdem soll Uganda Frequenzen freigeben, um das englischsprachige Programm von RT in Uganda auszustrahlen, „inklusive RT-Signalen für Hotels und Pay-TV“. Rossija Sewodnja, die staatliche Nachrichtenagentur Russlands, zu der auch das Staatsradio Sputnik gehört, sollen zudem eng mit den ugandischen Staatsmedien zusammenarbeiten. Konkret: Sie sollen „Inhalte auf Englisch teilen, um das gegenseitige Verständnis der Menschen in den beiden Ländern“ zu intensivieren.

All das steht in einem geheimen Strategiepapier aus dem Jahr 2018, das der taz vorliegt. Es handelt sich dabei um ein Memorandum of understanding zwischen den Regierungen von Uganda und Russland. Es wurde von den Außenministerien beider Staaten unterzeichnet.

Im Schreiben ist formuliert, in welchen Punkten Moskau die bilateralen Beziehungen zu Uganda ausbauen will. Das ostafrikanische Land ist auf dem Kontinent einer der engsten Partner Russlands. In dem Strategiepapier ist der Ausbau der Beziehungen im Bereich Telekommunikation und Massenkommunikation als erste Priorität genannt. Noch vor der Erschließung wichtiger Rohstoffe wie Uranvorkommen.

Dazu gehört auch die Zusammenarbeit bei der Satelliten- und Übertragungstechnologie für Telekommunikationsunternehmen. Denn als die Europäische Union (EU) im März 2022 die russischen Staatsmedien Sputnik und RT innerhalb Europas abgeschaltet hatte, gingen auch in Afrika die RT-Kanäle offline. Der Grund: RT nutzte europäische Firmen wie das Luxemburger Unternehmen Intelsat, das über seine Satelliten das RT-Programm nach Afrika ausstrahlte. Es dauerte jedoch keine zwei Monate, bis RT auf dem Kontinent wieder online ging. Diesmal mit Hilfe aus China. Das chinesische Pay-TV-Unternehmen StarTimes, das in Afrika den Markt dominiert, räumte dem russischen Sender Frequenzen frei.

Radio Lengo Songo, das „russische Radio“

Seitdem baut der Moskauer Propagandasender seine Präsenz in Afrika stetig aus. Zunächst hatte RT wohl im Visier, ein Afrika-Korrespondenten-Büro in Kenias Hauptstadt Nairobi zu eröffnen, wo viele westliche Korrespondenten präsent sind. Im Juli 2022 kündigte ein RT-Sprecher schließlich an: „Wir konzentrieren uns derzeit in der Tat auf die Entwicklung unseres englischsprachigen Afrika-Hubs in Südafrika.“

Dass die mediale Charme-Offensive in Afrika mit den umfassenderen Bemühungen Russlands verbunden sei, seine Präsenz auf dem Kontinent wieder auszubauen, schreibt auch Guido Lanfranchi, Co-Autor der jüngsten Studie über die Einflussnahme Russlands auf dem afrikanischen Kontinent, die er für das Dutch Institute for International Relations ausgearbeitet hat. Er kommt zu dem Schluss, dass die Nutzung von Medien und Propaganda in dieser Soft-Power-Strategie Moskaus ein zentrales Instrument sei.

Wie weit Russland geht, um die afrikanische Medienwelt zu dominieren, zeigt sich bereits seit Längerem in der Zentralafrikanischen Republik. In den dortigen Medien wird weder darüber berichtet, dass Russland seit 2017 Militärausbilder und Minenunternehmen ins Land gesandt hat, noch über die 1.000 dort stationierten Wagner-Söldner. Laut UN-Ermittlungen sind sie für schwere Menschenrechtsverbrechen verantwortlich.

Radio Lengo Songo ist einer der meistgehörten Radiosender in der Hauptstadt Bangui und in einem Umkreis von fast 100 Kilometern um die Stadt herum. Im Jahr 2018 wurde er mit dem offiziellen Vorhaben gegründet, auf Sango, der lokalen Sprache, und Französisch Frieden und Versöhnung zu fördern, doch seit 2021 hat sich der Inhalt des Programms zunehmend verändert. Mittlerweile vertreten fast 60 Prozent der Onlineartikel auf der Webseite prorussische Positionen. Im Volksmund wird der Sender mittlerweile als „das russische Radio“ bezeichnet.

Was Journalisten passieren kann, wenn sie sich in der Zentralafrikanischen Republik gegen Russlands Einfluss aussprechen, zeigt das Beispiel des Journalisten Jean Sinclair Maka Gbossokotto. Er wurde im Februar 2022 in Bangui tot aufgefunden. Gbossokotto war einer der führenden Investigativreporter mit einer Spezialisierung auf Datenjournalismus und Fact-Checking und wurde Vorsitzender des Journalisten-Netzwerks gegen die Desinformation (CJCLD). Das Netzwerk wollte die Quellen der von Russland geförderten Fake News in Zentral- und Westafrika ausfindig machen.

Soziale Medien am wirkungsvollsten

Auch in den sozialen Medien machen Personen mit hoher Reichweite Stimmung für Russland. Etwa die Aktivistin Nathalie Yamb, die auch Madame Sotschi genannt wird und knapp 235.000 Follower bei Twitter hat. Während des Afrika-Russland-Gipfels 2019 sagte sie, Frankreich würde Afrika noch immer als sein Eigentum bezeichnen. Einige ihrer Tweets werden mehr als 100.000 Mal geteilt. Der Franko-Beniner Kémi Séba ist dagegen vor allem auf Instagram und Face­book präsent, wo ihm über eine Million Menschen folgen. Er forderte vergangenen Oktober im Institut für Internationale Beziehungen in Moskau eine faire Partnerschaft zwischen Russland und Afrika.

Der Tenor solcher Posts ähnelt sich: Europa hat Strategien, um Afrika auszubeuten, und mischt sich in interne Angelegenheiten ein. Manchmal gehen die Anschuldigungen sogar so weit, dass der einstigen Kolonialmacht Frankreich Verstrickungen in den Terrorismus im Sahel vorgeworfen werden. Häufig sind es Facebook-Posts oder Links, die in unzähligen WhatsApp-Gruppen zirkulieren. Der Ursprung dieser Inhalte lässt sich oft nicht überprüfen. Auch Trollfabriken etwa in Ghana sollen laut Informationen von Facebook und Twitter ihren Anteil an dieser Desinformation haben.

In Ouagadougou, der Hauptstadt von Burkina Faso, wird diesen Inhalten in sozialen Medien mehr getraut als jenen von französischen Medien. Im frankofonen Westafrika sind die französischen Sender TV5, France24 und Radio France Internationale (RFI) die größten ausländischen Medien. In Mali und Burkina Faso hat RFI mittlerweile Sendeverbot. Ohnehin sind soziale Medien in Ländern, in denen der Kauf von Zeitungen ein Luxus ist, Telekommunikationsunternehmen aber Datenpakete für die Nutzung von Face­book und Co. anbieten, längst am wirkungsvollsten.

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