Kampfpanzer für die Ukraine: Mehr Waffen – und dann?

Bei der militärischen Unterstützung der Ukraine scheint nur eine Devise zu gelten: immer mehr. Dabei braucht es auch Debatten über Ausstiegsszenarien.

Ein Leopard-2-Panzer wirbelt Staub auf

Bald in der Ukraine im Einsatz? Leopard-2-Panzer Foto: Peter Steffen/dpa

Wenn Olaf Scholz nicht so verstockt wäre, könnte die Ukraine den Krieg gewinnen. Diesen Eindruck vermitteln nicht nur manche Leitmedien, sondern auch einige Ampel-PolitikerInnen. Durch die Debatte um Leopard-Panzer spukt mal wieder die Illusion, diese Waffe sei der entscheidende Game Changer in diesem Krieg. So ist es nicht.

Richtig ist: Kampfpanzer werden, anders als Mehrfachraketenwerfer, an der Front eingesetzt und sind eher für Offensivaktionen brauchbar. Deshalb ist es richtig, abzuwägen, zu welchen Bedingungen Berlin Ja zu Lieferungen auch durch andere Länder sagt. Scholz beharrt offenbar bislang darauf, dass die USA parallel Abrams-Panzer liefern sollen. Das ergibt militärisch keinen Sinn – es ist für die Ukraine hinderlich, neben ein paar britischen und vielen Leopard-Panzern auch noch ein paar komplizierte US-Panzer bedienen zu müssen.

Politisch aber ist dieses Junktim sinnvoll. Es dient der Risikostreuung. Nur die USA können Russland vor einer Ausweitung dieses Krieges abschrecken. Als Moskaus Drohungen, Atomwaffen einzusetzen, ganz schrill wurden, drohten die USA mit einem massiven konventionellen Gegenangriff auf russische Truppen in der Ukraine – einem direkten Krieg gegen Russland.

Solche Drohungen kann Washington glaubhaft aussprechen, Berlin nicht. Dass sich Scholz bei Kampfpanzern hinter den USA einreihen will, mag schmal begründet sein. Aber es ist eine rationale Einschätzung der Kräfteverhältnisse im Westen: America first. Deutschland ist nur im Feuilleton eine Führungsmacht.

Aussicht auf dauerhaften Abnutzungskrieg

Bei Lieferungen der Leoparden geht es offenbar nicht mehr um das Ob, sondern nur um das Wann und Wie – mit oder ohne US-Panzer. Washington und Berlin werden Schützenpanzer liefern; Kampfpanzer sind der nächste militärisch logische Schritt. Wem bei der Vorstellung, dass die Ukraine demnächst massenweise in Deutschland produzierte Kampfpanzer für ihre Gegenoffensiven einsetzt, nicht etwas mulmig zumute wird, dem ist nicht zu trauen.

Vor allem aber hat die Zwangsläufigkeit des „immer mehr“ etwas Schwindelerregendes. Jetzt Kampfpanzer. Und bald Drohnen und Kampfflugzeuge? Das mag militärisch nötig sein, damit Kiew seine Verteidigung effektiv organisieren kann. Aber in dieser stählernen Logik gibt es immer nur mehr – und die Aussicht auf einen dauerhaften Abnutzungskrieg. Anstatt immer wieder die Platte „Waffen gut, Warten böse“ aufzulegen, brauchen wir ernsthafte Debatten um diplomatische Initiativen und Ausstiegszenarien. Nicht anstelle von Waffenlieferungen. Sondern zusätzlich.

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Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.

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