Studie zur Impfbereitschaft: Fürs Impfen bezahlen bringt nichts

Finanzielle Anreize machen Menschen nicht unbedingt impffreudiger. Das haben schwedische Forschende herausgefunden.

Eine Spritze bei einer Impfung

Eine Coronaschutzimpfung in Stockholm im April 2021 Foto: Jessica Gow/TT/imago

Würden Sie sich für 20 Euro gegen Corona impfen lassen? Geld zu verteilen, um Leute zum Impfen zu ermutigen, erscheint erst mal sinnvoll, wenn man die Bevölkerung möglichst breit immunisieren will. For­sche­r*in­nen und Po­li­ti­ke­r*in­nen befürchten aber, dass Menschen ihr Verantwortungsbewusstsein gegenüber der Gesellschaft verlieren könnten, wenn es für Solidarität Geld gibt. Außerdem könnte eine Impfbelohnung verdächtig wirken – wollen „die da oben“ einem etwas verheimlichen?

Diese Befürchtungen wissenschaftlich zu untersuchen, ist schwierig. Dazu müssen For­scher*in­­nen einen Fall finden oder initiieren, in dem einigen Geld für die Impfung angeboten wird und anderen nicht.

Die Studie

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Eine solche Situation haben For­sche­r*in­nen im Sommer 2021 in Schweden geschaffen, indem sie 1.131 Menschen 200 Kronen, etwa 20 Euro, für die erste Impfdosis angeboten haben und 3.888 Menschen nicht. Die Ergebnisse veröffentlichten sie im Fachmagazin Nature. Alle Teil­­neh­me­r*in­nen der Studie wurden im zentralen Impfregister der schwedischen Gesundheitsbehörde markiert, um verfolgen zu können, ob sie sich tatsächlich innerhalb von 30 Tagen nach „Bezahlung“ impfen lassen. Und tatsächlich haben sich 4 Prozent mehr Menschen aus der bezahlten Gruppe impfen lassen als aus der Kontrollgruppe.

Zentrales Ergebnis der Studie ist aber, dass sich keine der Befürchtungen bewahrheitete. Die Wis­sen­schaft­le­r*in­nen konnten keinen Unterschied zwischen den Gruppen feststellen, als sie alle Teil­neh­me­r*in­nen fragten, ob sie denken, dass es eine moralische Verpflichtung gegenüber der Gesellschaft gebe, sich impfen zu lassen. Auch haben sich beide Gruppen gleich häufig die zweite und dritte Dosis geholt, obwohl sie dafür kein Geld mehr bekamen.

Ob sie bezahlt wurden oder nicht, hat die Stu­­di­en­­teil­neh­me­r*in­nen auch nicht mehr oder ­weniger davon überzeugt, dass Impfungen unsicher seien. Diese Ergebnisse bleiben auch dann bestehen, wenn man die Gruppen nach bereits bestehender Impfzögerlichkeit, Einkommen, Bildung, Alter oder Geschlecht unterscheidet.

Was bringt’s?

Wie offen Menschen im Durchschnitt gegenüber Impfungen sind, unterscheidet sich von Land zu Land. Die For­sche­r*in­nen schreiben selbst, dass sie keine besonders impfzögerliche Bevölkerung untersucht haben. Außerdem ist Schweden ein Land mit hohen Einkommen im weltweiten Vergleich. Die Ergebnisse – sowohl zur Steigerung der Impfrate als auch zu den sozia­len Effekten – könnten sich verändern, wenn man die Studie in Ländern mit geringen Einkommen durchführt.

Wenigstens für Länder wie Deutschland, die Schweden ähnlich sind, lässt sich aber fest­halten, dass es keine negativen Effekte hat, Leuten fürs Geimpft­werden Geld zu geben. Ob sich der finanzielle Aufwand für einen recht geringen Anstieg in der Impfquote lohnt, ist dann eine Frage an ­Gesellschaft und Politik.

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