Kommentar von Barbara Oertel zu Russlands Krieg und Propaganda
: Jegliches Vertrauen zerstört

Eine 36-stündige Waffenruhe, um den Menschen in der Ukraine zumindest zu Weihnachten ein friedliches Fest zu bescheren? Von wegen. Stattdessen wieder Angriffe mit Toten und Verletzen sowie landesweiter Luft­alarm. Die Schuld dafür gibt die russische Propaganda, wie nicht anders zu erwarten, eindeutig der ukrainischen Regierung. Diese hatte die barmherzige Ankündigung von Russlands Präsident Wladimir Putin abschlägig beschieden und als Heuchelei sowie durchsichtiges Manöver bezeichnet, um sich eine Atempause zu verschaffen.

Die ukrainische Skepsis ist aus gutem Grund nachvollziehbar. Warum sollte Kyjiw ausgerechnet jetzt derartigen Verlautbarungen aus dem Kreml Glauben schenken? Was diese wert sind, zeigen auch die jüngsten Äußerungen des früheren Präsidenten und Vorsitzenden des Nationalen Sicherheitsrats Dmitri Medwedew. Das Enfant terrible der russischen Politik greift bereits seit dem Ausbruch von Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine am 24. Februar 2022 rhetorisch immer wieder in die unterste Schublade und meint offensichtlich, sich damit für eine Nachfolge Putins zu prädestinieren.

Die Führung der Ukraine bezeichnete Medwedew als „Clowns und Schweine“, die keinen Glauben und kein Gefühl der Dankbarkeit hätten, nur rohe Gewalt verstünden und von ihren neuen Herren Futter verlangten. An dieser Dressur westlicher Schweinehirten sei auch die analphabetische deutsche Großmutter Annalena Baer­bock beteiligt. Der Moskauer Patriarch Kyrill, der der Waffenruhe zuerst das Wort geredet hatte, ließ bei seiner Weihnachtsansprache erneut die Maske fallen.

Er beschwor ein Ende der „teuflischen Versuchungen“ bei dem Versuch, die kanonische orthodoxe Kirche in der Ukraine zu zerstören. Vielleicht sollte sich der Moskauer Oberhirte, der Putins Waffengang stoisch rechtfertigt, einmal die Frage stellen, warum der Krieg längst auch in den Kirchen Einzug gehalten hat und immer mehr ukrai­nische orthodoxe Chris­t*in­nen der Moskauer Filiale in der Ukraine den Rücken kehren. Und welchen Anteil er persönlich daran hat.

Die weihnachtliche Waffenruhe, die keine war, macht erneut eines deutlich: Zerstört sind in der Ukraine nicht nur unzählige Leben, Städte und Dörfer, sondern auch jegliches Vertrauen in Russland, und das auf unabsehbare Zeit. Das lässt Rückschlüsse auf mögliche Friedensverhandlungen zu, für die auch hierzulande einige führende Politiker unablässig werben. Dabei wird komplett ausgeblendet, dass Moskau immer noch meint, die Bedingungen diktieren zu können. Genau deshalb sind Gespräche für Kyjiw derzeit keine Option. Aus gutem Grund.