Machtkampf bei den US-Republikanern: Wählen bis zum Abwinken

Auch in drei weiteren Wahlgängen findet der Republikaner McCarthy keine Mehrheit. Das US-Repräsentantenhaus bleibt ohne Sprecher.

Kevin McCarthy steht in den Reihen des Parlaments und diskutiert mit anderen

Findet keine Mehrheit, will aber auch nicht aufgeben: Republikaner Kevin McCarthy (mitte) Foto: Andrew Harnik/ap

WASHINGTON taz | Das Drama bei der Wahl zum neuen Sprecher des US-Repräsentantenhauses geht in die nächste Runde. Auch am zweiten Tag in Folge konnten sich die Mitglieder der republikanischen Partei nicht auf die Wahl eines neuen Sprechers einigen. Der Fraktionsvorsitzende Kevin McCarthy aus Kalifornien musste sich am Mittwoch in drei weiteren Wahlgängen geschlagen geben.

„Und täglich grüßt das Murmeltier“, scherzte die Abgeordnete Kat Cammack aus Florida. Doch nur den wenigsten im republikanischen Lager war nach einem weiteren langen Tag ohne Ergebnis zum Lachen zumute. Und auch der Druck aus der US-amerikanischen Öffentlichkeit wächst.

„An alle Amerikaner, die uns jetzt gerade zusehen: Wir hören euch und wir werden eine Lösung finden – ganz egal wie chaotisch es auch sein mag“, sagte Cammack. Die Abgeordnete gehört zur großen Mehrheit innerhalb der republikanischen Partei, die weiterhin McCarthy für das Sprecheramt unterstützt.

Dieser büßte gegenüber dem Vortag sogar eine Stimme ein, da ein republikanisches Parteimitglied, welches am Dienstag noch für ihn stimmte, am Mittwoch lediglich mit „Present“ (Anwesend) votierte. In den drei Wahlgängen am Mittwochnachmittag Ortszeit kam McCarthy jeweils auf 201 Stimmen. In keinem der sechs bisher abgehaltenen Wahlgänge kam er auch nur ansatzweise an die erforderliche Marke von 218 Stimmen heran.

Auch Trumps Intervention bringt keinen Umschwung

Ob McCarthy diesen Rückstand in den kommenden Tagen aufholen kann, wird immer fraglicher, denn die 20 Republikaner aus dem rechten Parteiflügel, die aktuell die Nominierung von McCarthy blockieren, geben keinerlei Anzeichen dafür, dass sie von ihrem Standpunkt abrücken könnten.

„Unsere Aufgabe ist es nicht, den besten Spendensammler zu krönen oder den Status Quo abzusegnen oder einfach so weiterzumachen, um miteinander auszukommen. Unsere Aufgabe ist es, unsere Stimmen dafür zu nutzen, einen Sprecher zu wählen, der dieses Land wieder auf Kurs bringt“, sagte die Republikanerin Lauren Boebert aus Colorado. Sie zählt zu den 20 Rebellen im republikanischen Lager, die das US-Repräsentantenhaus seit zwei Tagen lahmlegen.

Mit dieser Aussage wies Boebert nicht nur McCarthy klar zurück, sondern auch Donald Trump. Dieser hatte am Mittwochvormittag öffentlich die Nominierung von McCarthy als nächsten Sprecher des Repräsentantenhauses unterstützt.

„Stimmt für Kevin, bringt das ganze zum Abschluss und lasst euch den Sieg nicht nehmen. Verwandelt diesen großartigen Triumph nicht in eine riesige und peinliche Niederlage“, schrieb Trump auf seiner hauseigenen Social-Media-Plattform Truth Social.

Wenig spricht dafür, dass McCarthy es noch schaffen kann

Doch Boebert, die zu den größten Anhängern des Ex-Präsidenten zählt, wollte davon nichts wissen. „Der Präsident sollte lieber zu Kevin McCarthy sagen: ‚Sir, Sie haben die erforderlichen Stimmen nicht und Sie sollten Ihre Nominierung zurückziehen‘.“

Diese Aussage, die von einem Raunen im Saal begleitet wurde, verdeutlichte den schwindenden Einfluss von Trump auf die Partei. Als Antwort auf McCarthy nominierten die abtrünnigen Republikaner am Mittwoch den Abgeordneten Byron Donalds aus Florida. Dieser kam in jedem der drei Wahldurchgänge auf jeweils 20 Stimmen.

„Es ist ein wahrhaft erfrischender Tag für Amerika“, so beschrieb der 44 Jahre alte Donalds die Geschehnisse in der US-Hauptstadt.

Für die einen ist es erfrischend, für die anderen peinlich, denn ohne einen neuen Sprecher kann der 118. US-Kongress seine Arbeit nicht aufnehmen. „Ich denke, es ist peinlich, wie lange es dauert“, sagte US-Präsident Biden über die Vorgänge im Repräsentantenhaus.

Innerhalb der republikanischen Partei gehen derweil die Gespräche weiter. Eine Lösung muss her, doch im Moment spricht nur wenig dafür, dass Kevin McCarthy am Ende tatsächlich das Amt des Sprechers übernehmen wird. Und auch wenn er das Rennen machen sollte: Seine Stellung innerhalb der Partei ist jetzt schon stark geschwächt.

Während der Kongresswahlen im November haben die Republikaner die Mehrheit im Repräsentantenhaus zurückerobert. Mit einer hauchdünnen Mehrheit von lediglich fünf Sitzen braucht es jedoch eine geschlossene Fraktion, um überhaupt etwas politisch durchsetzen zu können. Die ersten zwei Tage haben gezeigt, dass die Republikaner auf diesem Gebiet in den kommenden zwei Jahren eine Menge Arbeit vor sich haben.

Am Donnerstag um 12 Uhr Ortszeit geht es weiter mit einer möglichen siebten Wahlrunde. Wann das Spektakel ein Ende haben wird, ist noch nicht abzusehen.

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