Militärpolitik in Nordostasien: Japans Aufrüstung empört Nachbarn

China, Nordkorea und Russland kritisieren die von Tokio verkündete „Zeitenwende“, die den japanischen Pazifismus der Nachkriegszeit beendet.

Militärjets fliegen in einer Formation

Japanische F-2-Jets und F-16-Jets der USA bei einer gemeinsamen Übung im November Foto: Defense Ministry of Japan/reuters

TOKIO taz | Mit scharfer Kritik haben Japans Nachbarn auf Tokios Kursänderung in der Verteidigungspolitik reagiert. Chinas Botschaft in Tokio erklärte, Japans Vorgehen provoziere regionale Konfrontationen. Peking verlangt von Japan, die „chinesische Bedrohung“ nicht mehr als Vorwand für die eigene militärische Expansion zu benutzen.

In seiner neuen Sicherheitsdoktrin von Mitte Dezember bezeichnet Japan das Gebaren Chinas in der Region als „größte strategische Herausforderung“ und übernahm damit eine Formulierung des Sicherheitspartners USA.

Nordkorea warf Tokio vor, mit dem Kursschwenk eine ernste Sicherheitskrise auf der koreanischen Halbinsel und in Ostasien zu verursachen. Der „Kriegsverbrecherstaat“ Japan verstoße mutwillig gegen die UN-Charta, erklärte das Außenministerium in Pjöngjang. Die Aufrüstung diene einer erneuten Invasion Koreas. Darauf werde man mit nicht näher präzisierten „Maßnahmen“ reagieren.

Dieser Kritik schloss sich Russland an. Japan ersetze seine jahrzehntelange pazifistische Politik durch „ungezügelten Militarismus“, erklärte das Außenministerium in Moskau. Der Schritt provoziere „unweigerlich“ neue Sicherheitsherausforderungen und erhöhe die regionalen Spannungen.

Tokio will bis 2027 den Wehretat verdoppeln

China und Nordkorea reagierten auf die zwei Änderungen in Japans Sicherheitspolitik. Premierminister Fumio Kishida will zum einen den Wehretat bis 2027 auf zwei Prozent des Bruttoinlandproduktes verdoppeln. Bislang galt ein Prozent als inoffizielle Obergrenze.

In den nächsten fünf Jahren nimmt Tokio umgerechnet 305 Milliarden Euro in die Hand, um neue Kampfflugzeuge zu entwickeln sowie Drohnen, U-Boote, Langstreckenraketen und Kriegsschiffe anzuschaffen. Durch die neuen Vorgaben würde Japan in der Höhe seines Verteidigungshaushaltes die globale Nummer drei hinter den USA und China.

Zum anderen strebt Japan erstmals die militärische Fähigkeit an, Raketenstellungen auf feindlichem Territorium auszuschalten. Diese „Gegenschlagfähigkeit“ betrachtete man zwar schon länger als zulässige Form der Selbstverteidigung. Aber bisher verzichtete Japan darauf, die entsprechenden Waffen anzuschaffen, weil sie sich auch für Angriffe nutzen ließen und dem Kriegsverbot der pazifistischen Nachkriegsverfassung widersprechen könnten.

Lieber verließ man sich in Tokio bisher auf den atomaren Schutzschild, den die USA über Japan aufspannen. Aber diese Zurückhaltung gibt Japan nun auf, weil China seine Besitzansprüche auf Taiwan sowie die von Japan verwalteten Senkaku-Inseln (chinesisch: Diaoyutai) immer stärker militärisch untermauere.

Japan will 500 Marschflugkörper in den USA kaufen

Ungeachtet der Vorwürfe seiner Nachbarn beteuert Tokio, man wolle keine Militärmacht werden, sondern es gehe nur um Selbstverteidigung. Vorbeugende Gegenschläge sollen nur bei einem Angriff auf Japan erfolgen, wenn ein Angriff auf eine befreundete Nation das eigene Überleben bedroht oder es keine anderen geeigneten Mittel gibt. Dafür will Japan von den USA 500 Marschflugkörper kaufen.

Diese Bewaffnung dient inoffiziell wohl auch dazu, einen Angriff Chinas abzuschrecken, falls die USA bei einem Krieg mit China um Taiwan ihre japanischen Militärbasen nutzen.

Doch Japans Argumente überzeugten selbst den nächsten Nachbarn und Mitverbündeten Südkorea nicht. Die Regierung von Präsident Yoon Suk-yeol verlangte, Tokio müsste sich mit Seoul in allen Sicherheitsfragen beraten, die die koreanische Halbinsel beträfen.

Die Korea Times äußerte in einem Kommentar den Verdacht, rechtsgerichtete Gruppen wollten den früheren Einfluss Japans in Asien wiederherstellen.

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