Pantone-Farbe des Jahres: Free Magenta!

Die US-Firma Pantone hat ihren „Viva Magenta“-Ton zur Farbe des Jahres ausgerufen. Aus Protest haben Künstler zur Demokratisierung der Farben aufgerufen.

Der pinke-Ton

Außen: Pantone-Farbe Viva Magenta und innen: Farbwert Viva Meh-genta Illustration: taz, Screenshot: stuartsemple/instagram

Viva Magenta“ ist der „unkonventionelle Ton in einer unkonventionellen Zeit“, er ist „mutiger und angstloser Rotton“, der „ein neues Signal der Stärke“ demonstriert und ein „freudiges und optimistisches Feiern“ und „rebellischen Geist“ repräsentiert. Was sich liest wie eine Parodie auf Marketing, das den Zeitgeist zum Kunden machen will, ist echte Werbung. Sie stammt vom US-amerikanischen Farbkonzern Pantone, der damit seine von ihm ausgerufene „Farbe des Jahres 2023“ bewirbt.

Sicher, die politische Besetzung der Farben ist alt: Rot war der Kommunismus, braun waren die Nazis. Es ist naheliegend, dass in einer Welt, die von sich behauptet, postideologisch zu sein, eine Farbe mit Aufmüpfigkeit assoziiert werden soll, die eher an zuckriges Plastik als an Revolution erinnert. Auch wenn sie besser mit „Himbeergeist“ als mit „rebellischem Geist“ getroffen wäre.

Aber das ist dem in Farben und Phrasen investierenden Unternehmen, das sich „Pantone Color Institute“ nennt, egal. Seit der Jahrtausendwende ruft es die Farbe des Jahres aus, was nicht weiter interessant wäre, würden nicht Mode, Kunst, Innen-, Industrie- und Grafikdesigner darauf reagieren.

Gegen die Monopolisierung

Aber nun herrscht Krieg im Farbspektrum. Gegen die Monopolisierung der Farben gibt es Widerstand. Einer der Auslöser: Wer künftig Bilddateien mit Adobe Photoshop öffnet, wird statt Farben oft Schwarz sehen. Es handelt sich dabei um die von Pantone hergestellten Farben. Und die gibt es bald nur noch dann, wenn man ein Extra-Abo bei dem Unternehmen abschließt.

Der britische Künstler Stuart Semple hat danach zur Befreiung der Farben von ihrer Kommerzialisierung aufgerufen. Extra dafür hat er den Farbton „Viva Meh-Genta“ kreiert. Diesen stellt er ohne Copyright allen zur Verfügung. Außerdem hat er angekündigt, eine neue Bewegung zu gründen, die jedes Jahr eine demokratische Variante, die „Volksfarbe des Jahres“ wählen soll.

Es sei an der Zeit, die Diktatur der „Big Colour“ zu stoppen, die uns diktiere, wo wir den Zugang zu Farben herbekommen und welchem Trend wir folgen. Stuart Semple wiederum verweist dann auf seine Homepage, wo man seinen Magenta-Ton kaufen könne, als Akt gegen „Big Colour“, wie er die Farbindustrie in Anlehnung an „Big Pharma“ nennt. „Wenn wir diese Schlingel stürzen wollen, brauche ich so viele von euch wie möglich auf dieser Reise.“

Semple ist als Aufrührer bekannt. Er führte 2016 den Protest gegen den Künstler Anish Kapoor an, der behauptete, das schwärzeste Schwarz der Welt, Vantablack, hergestellt zu haben. Um gegen die Monopolisierung des Materials in der Kunst zu demonstrieren, bot Semple das „pinkeste Pink“ zum Verkauf an. Anish Kapoor aber verbot er, die Farbe zu kaufen: „Wir erinnern uns alle an die Kinder in der Schule, die ihre Farbstifte nicht teilen wollten. Am Ende blieben die ohne Freunde. Anish kann sein Schwarz behalten. Aber der Rest von uns wird mit dem Regenbogen spielen.“ Solange sich Semples Jugendbewegung nicht das Motto „Magentisiert Euch“ gibt, bin ich dabei.

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