Kurz vor der Räumung des Dorfs für Kohle: Tausende protestieren in Lützerath

Vor der geplanten Räumung für den Braunkohletagebau versammeln sich Kli­ma­schüt­ze­r:in­nen in dem Dorf in NRW. 15 Bundesländer schicken Polizei.

Eine Menge Demonstrierender verschränkt die Fäuste

Und hinten wartet schon der Bagger: Demo in Lützerath am Sonntag Foto: reuters

LÜTZERATH taz | Während die Ak­ti­vis­t:in­nen an jeder Ecke des Dorfs bauen und arbeiten, strömen an diesem Sonntag Hunderte Menschen nach Lützerath für den allwöchentlichen Dorfspaziergang. Es wird der letzte geführte Spaziergang durch das vom Abriss bedrohte Dorf im Rheinischen Braunkohlerevier sein. Die Mahnwache am nordöstlichen Rand von Lützerath ist nur noch bis Montag 24 Uhr genehmigt. Viele Menschen sind heute zum ersten Mal hier, einige haben an jedem Dorfspaziergang teilgenommen.

In den Redebeiträgen ist vom bisher größten Dorfspaziergang die Rede. Die Initiative „Lützerath lebt“ spricht von 5.000 bis 7.000 Besucher:innen, die sich am Wendehammer gegenüber der Mahnwache eingefunden haben. „Ich habe mir letzte Woche gewünscht, dass wir viele werden, und wir sind viele“, sagt eine Frau, die zur Mahnwache Lützeraths gehört. Sie hat recht, heute tummeln sich an jeder Stelle in Lützerath Menschen. Nach ihr spricht der diesjährige Gewinner des Panter Preises der taz Panter Stiftung, Peter Emorinken-Donatus: „Ich habe viel Hoffnung in die Grünen gesteckt!“, ruft der gebürtige Nigerianer ins Mikrofon. Vor 30 Jahren floh er aus seiner Heimat nach Deutschland und setzt sich hier für die Erlassung eines Ökozidgesetzes ein. „Hier in Lützerath machen die Grünen genau das Gegenteil von dem, wofür wir alle gekämpft haben!“, sagt er.

Am frühen Nachmittag gibt die Band AnnenMayKantereit im Tagebauvorfeld und in unmittelbarer Nähe der Abbruchkante ein Konzert. „Ohne euch könnten wir hier nicht sein. Die Kohle unter diesem Dorf wird nicht gebraucht“, singt Henning May, der Sänger der Band, zu Gitarrenbegleitung ins Mikrofon. Auf Instagram hatte der Sänger im Vorfeld geschrieben: „Lützerath muss bleiben. Deswegen machen wir dort am Sonntag Musik“. Auch die Klimaaktivistin Luisa Neubauer hat sich beim Dorfspaziergang eingefunden. Die etwa 280 Millionen Tonnen Kohle, die RWE unter Lützerath abbauen und verfeuern will, müssen im Boden bleiben, so Neubauer.

Unterdessen kommen auch weiterhin große Gruppen von Ak­ti­vis­t:in­nen im Dorf an, die auch an diesem Tag die Straßen aufreißen und Pflastersteine zu Barrikaden stapeln. Aktuell ist eine Anreise in den Weiler noch ohne Weiteres möglich. Ab Dienstag soll sich das ändern. Nach Abbau der Mahnwache in Lützerath wird es keine Anlaufstelle mehr geben, zu der man jederzeit legal gehen kann.

NRW-Polizei holt sich Verstärkung

Neben der nordrhein-westfälischen Polizei werden laut Spiegel 14 weitere Bundesländer sowie die Bundespolizei zur geplanten Räumung Einsatzkräfte sowie Wasserwerfer, Pferde und Hunde schicken. Das erfolgt auf ein „Kräfteersuchen“ des Düsseldorfer Innenministeriums, das davon ausgeht, dass der Einsatz die eigenen Kapazitäten übersteigen wird. Einige hundert Ak­ti­vis­t:in­nen wollen das Dorf so lange besetzen wie ihrer Meinung nach notwendig.

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