Private Geflüchtetenunterkunft: Behörde lehnt Engagement ab

Auf einem Bauernhof in Rinteln möchte Ekkehard Neugebauer privat 100 ukrainische Geflüchtete unterbringen. Der Landkreis lehnt das Angebot ab.

Auf einem Autofenster kleben eine deutsche und eine ukrainische Fahne, zwischen ihnen ist ein Friedenszeichen

Manchmal muss es selbstgemacht sein: Duetsch-ukrainischer Friedens-Aufkleber an deutschem Auto Foto: Christoph Reichwein/dpa

Am Montag verkündeten einige Bundesländer, dass sie bei der Unterbringung von Geflüchteten langsam an ihre Grenze kommen, darunter Hamburg und Bremen. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sagte ebenfalls, dass es aufgrund des angespannten Wohnungsmarktes zunehmend schwieriger werde, Geflüchtete unterzubringen. Man plane daher, mehr Plätze zur schaffen.

Eine Geschichte, recherchiert von der Schaumburger Zeitung, beginnt wie eine Antwort auf dieses Problem: Der Hannoveraner Ekkehard Neugebauer möchte auf einem komplett sanierten Bauernhof in Rinteln, einer Stadt im Landkreis Schaumburg in Niedersachsen, eine Unterkunft für rund 100 geflüchtete Ukrai­ne­r*in­nen errichten. Doch der Landkreis lehnt das Angebot ab.

Neugebauers Tochter, so berichtet es die Zeitung, hatte das Grundstück mit ihrem Mann gekauft und renovier; beide sind inzwischen aber ausgewandert. Neugebauer hat sie überredet, das Haus nicht zu verkaufen, sondern für die Unterkunft zur Verfügung zu stellen.

Seine Idee: Das große Bauernhaus und die Scheune als Wohnfläche nutzen, ebenso ein paar Container auf dem Hof. Und auf den 17.000 Quadratmetern wäre sogar noch Platz für Spielplatz, Streichelzoo und Solarpark. Klingt nach einem Traum, nicht zuletzt für die Verwaltung, die dem vorgekauten Konzept nur noch einen Feinschliff verpassen und dann dankend umsetzen könnte.

Doch hier hört das Märchen auf: Der Landkreis Schaumburg möchte nicht mitmachen. „Wir müssen relativ schnell weitere Unterkünfte schaffen, und das machen wir auch“, sagt ein Sprecher der taz. Neugebauers Plan umzusetzen, würde – selbst wenn es schnell ginge – „eineinhalb bis zwei Jahre“ dauern, wegen der Planung und etwaiger Baumaßnahmen. „Wenn das dort überhaupt zulässig ist.“ Der Vorschlag liege zwar noch beim Landkreis und komplett abgeneigt sei ja man nicht. Jetzt aber gehe es allein um Tempo bei der Unterbringung Geflüchteter.

Der Landkreis ist also dabei, Geflüchtete unterzubringen. Und er lässt das Thema keineswegs schleifen. Doch dass so ein Angebot nicht angenommen wird, ist trotzdem bedenklich. Es ist zwar nicht abzusehen, wie viele Ukrainer*in­nen noch nach Deutschland kommen – aktuell werden es aber immer mehr. Außerdem ist dieser Krieg nicht der einzige und wird auch nicht der letzte sein, der Menschen dazu bringt, ihre Heimat zu verlassen. Selbst wenn der Landkreis langfristig alle Geflüchteten zuverlässig unterbringt, die ihm zugeteilt werden – mehr Menschen können auf freiwilliger Basis immer aufgenommen werden.

Ein solches vielversprechend klingendes Projekt abzulehnen, das auch noch aus der Zivilgesellschaft kommt, mag aus bürokratischen Gründen vielleicht nachvollziehbar sein. Nach außen hin macht es trotzdem einen schrägen Eindruck: Die obere Ebene der Politik beklagt die Unterbringungssituation und ruft nach Hilfe, während die untere Verwaltungsebene Angebote ablehnt.

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Seit 2024 freie Journalistin. Von 2019 bis 2023 erst Volontärin, dann Redakteurin und Chefin vom Dienst bei der taz Nord in Bremen. Hat mal Politik-, Kommunikations- und Medienwissenschaft sowie Komplexes Entscheiden an der Uni Bremen studiert. Schreibt gern über Verkehrs- und Klimapolitik, Sport, Justiz, Parlamentsgeschehen und Soziales.

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