Zeichnungen von Axel Scheffler: Grüße aus London

Briefmarken als Quelle der Inspiration: Eine neue Ausstellung im Museum für Kommunikation nimmt den Zeichner Axel Scheffler in den Blick.

Auf einem Briefumschlag ist die Queen als Hexe gemalt zu sehen

Axels Schefflers Briefkunst, ein Motiv der Ausstellung Foto: Museum für Kommunikation

Auf dem Kuvert klebt eine große Briefmarke, die Queen Viktoria auf einem Gemälde darstellt. Die gealterte Königin sitzt stolz auf ihrem Pferd, das von ihrem betagten Diener mit Kilt (John Brown) gehalten wird. Der Umschlag des Briefs ist komplett mit einem Aquarell bemalt und scheint das Motiv zu wiederholen.

Doch wurde die Szene von einer Tag- in eine Nachtszene verwandelt, in der ein Mond mit Gesicht zu sehen ist und eine freundlich lächelnde Fledermaus über dem Pferd flattert. Die beiden Personen gucken den Betrachter mit großen Augen irritiert an. Das stolze Pferd ist hier nur noch ein Gerippe. Darunter eine Adresse: Anke Kuhl, Frankfurt.

Der an die bekannte Illustratorin gerichtete Brief stammt von einem Kollegen: Axel Scheffler. Der in London lebende Künstler ist vor allem durch seine Zusammenarbeit mit der Autorin Julia Donaldson bekannt. Für ihre Geschichten schuf er zahlreiche Illustrationen und Figuren, die seit Jahrzehnten Kinder wie Erwachsene erfreuen: allen voran der „Grüffelo“, dessen „Grüffelokind“, der Drache „Zogg“ oder „Stockmann“.

Der 1957 geborene Hamburger lebt seit 1982 in England. Ursprünglich ging er zum Studium dorthin. Er blieb dort und konnte so Geschöpfe kreieren, die Kultcharakter haben. Sein markanter Stil zeichnet sich durch skurrile Figuren mit Kulleraugen aus, oft Monster, vor denen Kinder jedoch keine Angst haben.

„Von Monstern, Mäusen und Menschen. Axel Schefflers fantastische Briefbilder“, bis 12. März 2023 im Museum für Kommunikation, Berlin, Di 9–20 Uhr, Mi–Fr 9–17 Uhr, Sa–So 10–18 Uhr.

Ein ganzes Œuvre zu entdecken

Nun zeigt die Ausstellung „Von Monstern, Mäusen und Menschen. Axel Schefflers fantastische Briefbilder“ im Berliner Museum für Kommunikation eine bislang unbekannte Seite des Illustrators, ja, ein ganzes Œuvre ist zu entdecken: Dutzende von Kuverts sind in Schaukästen an der Wand und in der Mitte der Galerie im 2. Stock ausgestellt.

Die persönlich und liebevoll gestalteten Umschläge offenbaren Schefflers subversiv-verrückten Humor und warten mit vielen zeittypischen Anspielungen auf: Seepferde tragen Coronamasken, die Queen hält Händchen mit dem Grüffelo. Auf manchen Kuverts sind Schnabeltierbriefträger unterwegs.

Der zur Eröffnung nach Berlin gereiste Künstler beschreibt die Initialzündung dafür so: „Mir fiel Ende der 1970er Jahre ein Buch mit illustrierten Umschlägen von Jean-Michel Folon (ein belgischer Künstler, 1934–2005; d. Red.) in die Hände. Das hat mich angeregt.

Von London aus hatte Scheffler allen Grund, Briefe zu schreiben, denn in den 1980er Jahren gab es weder SMS noch E-Mails. Seien es befreundete Illustratorinnen wie Anke Kuhl, Cartoonisten wie Manfred von Papen (Papan), die Autorin Julia Donaldson, Verleger, Journalisten, Verwandte: Von Beginn an benutzte er die Kuverts als Zeichenpapier.

Fan der Royal Mail-Marken

Anfangs machte er auch Fotomontagen. Darunter finden sich Schnappschüsse derb lachender Politiker wie Hans-Dietrich Genscher und Helmut Kohl – eindeutig noch aus den 1980er Jahren. Bald überwog das Gezeichnete. Besonders gerne bezieht Scheffler die Briefmarken der Royal Mail mit ein in die Gesamtkonzeption. „Ich kaufe die monatlich herauskommenden Briefmarken“, gibt der Zeichner an, „so sie mir gefallen, und habe über die Jahre auch viele aufgehoben. Früher konnte ich die Sondermarken noch im Post Office kaufen – heute muss ich sie leider digital bestellen.“

Typisch für die Royal-Mail-Marken sind Abbildungen der Royals und militärische Motive. Deshalb tummelt sich die Queen – von blutjung bis gealtert – besonders häufig auf den Marken. Einen witzigen Effekt erzielt der Zeichner, indem er die meist fotografierten Büsten der Queen oder von martialisch dreinblickenden Soldaten des Krimkrieges auf den Marken geschickt zeichnerisch zu einem vollständigen Körper verlängert.

Manchmal zeichnet Scheffler das Motiv ab und interpretiert es in seinem typischen Strich neu, sodass sich witzige oder auch makabre Effekte ergeben. Oft erzählt das gezeichnete Motiv auch eine unabhängige kleine Geschichte. Ein eigener Stempel des Londoner Zeichners ziert viele Umschläge und auch einige royale Marken können mit Schefflerfiguren seiner populären Kinderbücher auftrumpfen.

Die gesammelten Kuvertschätze sind in der Ausstellung nach Adressaten geordnet. Wie sehr diese die Umschläge schätzen, zeigt, dass sie alle aufgehoben wurden und nun – manche mit leichten Spuren des Transports, abgerissenen Ecken oder Klebstellen – sogar für zwei Ausstellungen reichten: In Leipzig findet eine parallele Schau statt. „Die Umschläge geben mir völlige Freiheit, ohne Auftrag oder Textvorgaben zu zeichnen“, sagt Scheffler. Und: Solange er die Feder schwingt und die analoge Post weiterhin ausgetragen wird, wird er auch seine Kuverts bemalen, versichert er.[https://www.mfk-berlin.de/ausstellung-axel-schefflers-fantastische-briefbilder/]

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.