Umsetzung des Radentscheids: Lüneburger SPD blockt Radstreifen

FDP und SPD haben sich dagegen gewandt, etwas von einer Hauptstraße für Rad­le­r:in­nen abzuzwacken. Die Bürgerini wirft SPD Inkonsistenz vor.

Radfahrstreifen mit Abbiegepfeil

Heißes Thema in Lüneburg: Radfahrstreifen Foto: Martin Schutt/dpa

LÜNEBURG taz | Der Teufel liegt im Detail, heißt es. Und in Lüneburg, das eine Teufelsbrücke und ein Wohngebiet namens Teufelsküche hat, diskutiert die Stadtpolitik wohl gerne über diesen Teufel. Die Stadt möchte in der Hindenburgstraße den Fahrradweg erneuern und zukünftig auf der Straße führen – nicht wie bislang auf dem Bürgersteig. Der Abschnitt, um den es geht, ist rund 400 Meter lang, die Debatte darum deutlich länger.

Die Fraktionen von FDP und SPD im Stadtrat hatten sich mit Anträgen gegen den Fahrradweg gewandt, nachdem die Lüneburger Landeszeitung einige verärgerte Le­se­r:in­nen­brie­fe zu den Plänen erhalten hatte.

Initiator Frank Soldan, FDP, sieht die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmenden gefährdet, sollte es zum Umbau der Straße kommen. Der ADFC Lüneburg sagt, dass es den Fraktionen nicht um Sicherheit gehen könne, da der aktuelle Fahrradweg nicht einmal die Mindestbreite für Radverkehrsanlagen erfülle und daher bereits jetzt nicht sicher sei.

Der gemeinsame Antrag von FDP und SPD mit dem Namen „Kein Fahrradweg auf der Hindenburgstraße“ ist schon deshalb kurios, weil die SPD noch als Regierungsfraktion unter SPD-Oberbürgermeister Ulrich Mädge, der von 1991 bis 2021 im Amt war, die sogenannte „Radverkehrsstrategie 2025“ initiierte, die der Stadtrat dann 2019 beschloss. Die Strategie sieht vor, die Investitionen in die Fahrradinfrastruktur aufzustocken und „ein zusammenhängendes Fahrradnetz mit hohem Qualitätsstandard zu schaffen“.

Keine Rettungsgasse möglich?

Basierend darauf hatte die Stadtverwaltung den Umbau des Radweges in der Hindenburgstraße geplant. Die Straßendecke dort muss erneuert werden, was eine günstige Gelegenheit darstellt, die Radverkehrsführung zu überdenken.

Der FPD-Mann Soldan kritisiert, dass die Verwaltung in dieser Planung die Polizei in ihrer Funktion als Verkehrssicherheitsexpertin nicht eingebunden habe. Die Verwaltung schreibt in einer Stellungnahme jedoch, dass die Polizei auf einem Ortstermin mit dabei gewesen sei.

Die Hindenburgstraße ist Teil des Lüneburger Stadtrings und einer Landesstraße, was für viel Verkehr sorgt. Auch viele Rettungswagen fahren dort entlang. Darum glaubt Soldan, dass bei einer Beengung der Straße die Autos keine Rettungsgasse mehr bilden könnten.

„Eine absurde Behauptung“, sagt Ronald Orth, Sprecher des Radentscheids Lüneburg, einem im Mai mit nur drei Gegenstimmen vom Stadtrat angenommenen Bürgerbegehren, das umfangreiche Verbesserungen für den Radverkehr vorsieht. Es gebe einige andere Straßen in Lüneburg, die so breit seien, wie die Hindenburgstraße werden soll, und durch die die Krankenwägen dennoch kämen.

Unter Bürgermeister Mägde hat die SPD noch beschlossen, ein Radverkehrsnetz zu schaffen

Abgesehen davon argumentiert Soldan, dass der Umbau unnötig sei, da es einen guten Alternativweg über den Liebesgrund gebe – eine Strecke, die in einem Park fast parallel zur Hindenburgstraße verläuft, allerdings schlechter angebunden ist. Daher sieht die Verwaltung den Radweg im Liebesgrund nicht als gute Alternative an.

Monika Scherf von der CDU-Fraktion im Stadtrat „versteht die Aufregung nicht“. Sie hatte mit ihrer Fraktion einen Änderungsantrag eingereicht, um die Planungen fortsetzen zu lassen und dann die fertigen Pläne mit Sicherheitsexperten zu besprechen. Diesen Antrag hat der Stadtrat in seiner letzten Sitzung angenommen – ein Kompromiss, mit dem alle Seiten ganz gut leben können.

Die CDU-Fraktion findet, dass Lüneburg kein modernes Verkehrskonzept habe. Deshalb stehe sie zur Radverkehrsstrategie, die der Stadtrat beschlossen hat, sagt Scherf. Man könne nicht alle paar Jahre alle politischen Entscheidungen wieder umwerfen und ständig Kehrtwenden vollziehen.

Orth vom Radentscheid ist vor allem von der SPD enttäuscht. Es sei langsam auffällig, wie häufig sich die SPD inzwischen gegen Planungen und Umbauten für den Radverkehr stelle, für die sie zum Teil selbst gestimmt habe. Damit würde sie ihren eigenen Wahlversprechen widersprechen. Die SPD Lüneburg war für einen Kommentar nicht zu erreichen.

FDP-Mann bleibt stur

Orth war entsetzt über den Antrag. Im Gegensatz zu den beiden Fraktionen habe er konstruktiv mit der Verwaltung gearbeitet, um Vorschläge zur Sicherheit aller Verkehrsteilnehmenden zu machen. Den Antrag der CDU hält er für „klug und vorausschauend“.

Nach einer langen Debatte, von der die eine Seite sagt, dass sie nur geführt wurde, um billige politische Punkte zu erzielen und die andere sich als Sprachrohr von legitimen Sicherheitsbedenken versteht, ist nun erst mal alles wieder vertagt, bis ein fertiger Plan vorliegt. Sollten die Ex­per­t:in­nen dann grünes Licht geben, will Soldan dennoch nicht die Umbaumaßnahmen unterstützen. Seine Bedenken würden selbst dann noch bestehen, sagt er.

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