Klimaprotest in Frankreich: Als „Ökoterroristen“ angeklagt

Fünf Personen mussten sich wegen der Teilnahme an einer Klimademo vor Gericht verantworten. Paris vergleicht sie mit der Letzten Generation.

Demonstranten, im Hintergrund Polizei.

Proteste in Sainte-Soline am 29. Oktober gegen ein landwirtschaftliches Bewässerungsprojekt Foto: Pascal Lachenauf/afp

PARIS taz | Im westfranzösischen Niort standen am Montag fünf Angeklagte vor Gericht. Vorgeworfen wurde ihnen, „an einer Ansammlung mit der Absicht, Sachbeschädigungen oder Gewalt zu verüben“, teilgenommen zu haben. Trotz der Ermittlungen konnte die Staatsanwaltschaft den fünf Menschen nichts anlasten.

Sie waren weder mit einem Molotowcocktail im Sack noch bei einer Schlägerei mit den Gendarmen erwischt worden, sondern im Verlauf einer Protestaktion am letzten Samstag im Oktober festgenommen worden. Es ist eine Form von „Gesinnungsdelikt“, meint in der Zeitung Libération die Anwältin Hanna Rajbenbach, die einige der Angeklagten verteidigt. Dieser Paragraf der Teilnahme an einer Demonstration, bei der es zu Gewalt kam, werde stets gezückt, wenn „materiell nichts vorliegt“, so Rajbenbach.

Die fünf Angeklagten leugneten denn auch nicht, zusammen mit mehreren tausend anderen in Sainte-Soline in der Region Deux-Sèvres gegen ein gigantisches Projekt von künstlichen Seendemonstriert zu haben. Beim Versuch, eines der Baugelände zu besetzen, wo ein riesiger Krater für 650.000 Kubikmeter Wasser entsteht, kam es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen. Laut Behörden wurden mehr als 60 verletzte Beamte gezählt. Mehrere Demonstrierende wurden durch Granaten zum Teil schwer verletzt.

Die Demonstrierenden konnten trotz des massiven Aufgebots an Ordnungskräften und dem Einsatz von Hubschraubern und Panzerfahrzeugen bis an den Rand der Baustelle gelangen. Die Geg­ne­r*in­nen des Vorhabens haben weitere Aktionen gegen die „Privatisierung der bereits knappen Wasservorkommen“ angekündigt.

Vergleich mit den Aktionen der Letzten Generation

Diese Schmach durfte für den französischen Innenminister Gérald Darmanin nicht ohne rechtliche Konsequenzen bleiben. Er bezeichnet die Umweltaktivisten, die er für die Eskalation der Gewalt verantwortlich macht, als „Ökoterroristen“. Er wirft sie in denselben Topf wie die Klimaschützer*innen, die derzeit in mehreren Ländern in Museen Bilder mit Suppe oder Farbe verschmieren oder sich mit den Händen auf der Straße festkleben (Letzte Generation). Für den staatlichen Ordnungshüter in Paris wurde da klar eine rote Linie überschritten.

Laut dem Onlinemagazin Mediapart hat das französische Justizministerium in einem Rundschreiben die zuständigen Staatsanwälte zu besonderem Eifer bei der strafrechtlichen Verfolgung dieser Umweltaktivisten angehalten. Diese militanten Aktionen müssten „eine systematische und rasche Antwort“ seitens der Gerichte erhalten. Nach dem ersten Prozess in Niort sind bereits mehrere andere Gerichtstermine im Januar und März gegen weitere am 29. Oktober mehr oder weniger willkürlich herausgepickte und festgenommene Demonstrierende bekannt.

Der Staatsanwalt von Niort, Julien Wattebled, rechtfertigt die gerichtliche Strenge als „verhältnismäßig“, denn der Staat sei „bei jeder Bewegung mit mehr Vergehen und mit immer gefährlicheren Straftaten“ konfrontiert. Wurden deshalb 19 Personen, die am 2. Oktober an einer politischen „Grillparty“ mit insgesamt 50 Geg­ne­r*in­nen der Wasserreservoirs anwesend waren, zwecks Eröffnung von Strafverfahren vorgeladen?

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