Forderung zu Sojaimporten: Nicht nur Wald kann entwaldet werden

Umweltorganisationen verlangen: Die geplante EU-Verordnung müsse auch Sojaimporte von gerodeten Flächen etwa in Brasiliens Region Cerrado verbieten.

Luftaufnahme einer gerodeten Waldfläche

Eine gerodete Waldfläche im Gran Chaco Foto: Glyn Thomas/imago

BERLIN taz | UmweltschützerInnen fordern die Europäische Union auf, mit der geplanten Verordnung gegen Entwaldung mehr Sojaimporte zu verbieten als bisher geplant. „Die EU muss den Handel auch mit Produkten untersagen, die auf gerodeten Flächen in Regionen wie dem brasilianischen Cerrado erzeugt worden sind“, verlangte Naturschutzexpertin Tina Lutz von der Deutschen Umwelthilfe (DUH). Ähnlich äußerte sich zum Beispiel Greenpeace.

Der Entwurf der EU-Kommission sieht vor, lediglich Wälder nach Definition der UN-Organisation für Landwirtschaft und Ernährung (FAO) einzubeziehen. Der Cerrado etwa wäre dann laut DUH nicht geschützt, weil diese Savanne mit ihren einzelnen oder in lockeren Gruppen stehenden Bäumen und Sträuchern zu 73 Prozent in die FAO-Kategorie „sonstige bewaldete Flächen“ („other wooded land“) gehört.

„Ein Großteil der durch die EU verursachten Entwaldung würde damit komplett unter den Tisch fallen“, sagt Lutz. Schließlich würden zwei Drittel der durch Sojaimporte und mehr als ein Drittel der durch Rindfleischimporte in die EU verursachten Rodungen im Cerrado passieren. Auch die Regionen Gran Chaco (vor allem Argentinien) oder Teile des Pantanals (Brasilien), in denen ebenfalls Soja angebaut wird, müssten von der Verordnung erfasst werden, so Lutz: „Dafür muss sich das bei dem Thema federführende Bundesagrarministerium in Brüssel einsetzen“.

Auch das EU-Parlament fordert, die „sonstigen bewaldeten Flächen“ einzubeziehen. Große Teile des Rats der Mitgliedstaaten dagegen lehnen dies ab. Am 5. Dezember wollen sich die EU-Institutionen bei ihrem vermutlich letzten „Trilog“ zu dem Thema einigen.

Fallbeispiele von Agrarunternehmen in Brasilien

Allein im Zeitraum 1990 bis 2020 wurden laut EU-Kommission weltweit 420 Millionen Hektar Wald – eine Fläche größer als die EU – abgeholzt. Das liege vor allem an der Land- und Forstwirtschaft. Rund 11 Prozent des Treibhausgases weltweit stammten 2007 bis 2016 der Kommission zufolge aus der Forstwirtschaft und anderen Landnutzungen „und waren überwiegend auf Entwaldung zurückzuführen“.

Deshalb hat die Brüsseler Kommission eine Verordnung vorgeschlagen, die die von der EU verursachte Entwaldung reduzieren soll. Demnach sollen Unternehmen, die mit sechs besonders von Entwaldung betroffenen Rohstoffarten wie Soja handeln, den Behörden die geografischen Koordinaten des Erzeugerbetriebs oder der Plantage mitteilen. Mit diesen Daten soll sich kontrollieren lassen, ob die Produkte von Waldflächen stammen, die nach dem 31. Dezember 2020 entwaldet oder geschädigt wurden – was dann verboten wäre. Im Fokus steht besonders Soja.

In einem neuen Report beschreibt die DUH Fallbeispiele von Agrarunternehmen in Brasilien, die auf gerodeten Flächen Soja anbauen. Das Futter wird dann auch nach Europa und Deutschland exportiert. Zum Teil sei der Wald illegal abgeholzt worden, das Land traditionellen Gemeinschaften geraubt worden. „Bis zu 20 Prozent des Sojas, das aus Brasilien in die EU kommt, könnte aus illegalen Quellen stammen“, sagt Lutz.

Der Verband der Mischfutterindustrie in der EU, Fefac, ließ eine Bitte der taz um Stellungnahme bis Redaktionsschluss unbeantwortet.

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