Schottland unterliegt am Supreme Court: Kein Unabhängigkeitsreferendum

Schottlands Regierung kann nicht selbst ein Plebiszit zur Abspaltung vom Vereinigten Königreich ansetzen. Das Urteil fällt einstimmig.

Regierungschefin Nicola Sturgeon bei einer Pressekonferenz.

Die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon bei einer Pressekonferenz am 23. November Foto: Russell Cheyne/reuters

LONDON taz | Das schottische Regionalparlament hat kein Recht, selbständig eine Volksbstimmung zur schottischen Unabhängigkeit zu organisieren. Das hat das britische Supreme Court, der Oberste Gerichtshof des Vereinigten Königreichs, am Mittwochmorgen entschieden. In seiner Zusammenfassung des 38 Seiten langen Urteils gab der vorsitzende Richter Robert John Reed an, dass die Entscheidung einstimmig gewesen sei.

Zu dem Urteil kam es, weil die Generalstaatsanwältin der schottischen Regionalregierung um eine höchstrichterliche Entscheidung nachgesucht hatte. Hätte das Gericht der Regionalregierung das Recht gegeben, selbständig ein Referendum zur schottischen Unabhängigkeit zu organisieren und abzuhalten, wollte die Vorsitzende der in Schottland regierenden Schottischen Nationalpartei (SNP), Nicola Sturgeon, dies am 19. Oktober 2023 abhalten. Es ging nun vor Gericht um die Rechtmäßigkeit dieses Vorhabens.

Richter Reed erklärte, dass die schottischen Regionalinstitutionen 1998 mit limitierten gesetzlichen Befugnissen geschaffen worden seien. Sie hätten keine Rechtsbefugnis über Angelegenheiten, in denen es um die Verfassungsordnung des Vereinigten Königreichs gehe, und ein Unabhängigkeitsreferendum sei eine solche Angelegenheit.

Anders als von der schottischen Seite vorgetragen, hätte ein solches Referendum mehr als nur eine „leichte Konsequenz“, denn sein Ausgang würde über die Zukunft der Union entscheiden. Zum Referendum im Jahr 2014 sei es nur gekommen, weil Regierung und Parlament des Vereingten Königreiches dem zugestimmt und den schottischen Behörden eine außergewöhnliche Befugnis hierfür erteilt hätten.

Zudem verwarf Reed das SNP-Argument, gemäß dem Selbstbestimmungsrecht laut internationalem Recht müsse Schottland ein Unabhängigkeitsreferendum ansetzen können. Ein derartiges Recht bestehe nur im Fall von ehemaligen Kolonien oder unterdrückten Ländern, dies sei Schottland nicht, das in den Westminster-Institutionen in London über britische Angelegenheiten mitbestimmen könne.

Beim Referendum 2014 stimmten 55,3 Prozent gegen die Auflösung der Union. Damit sei die Unabhängigkeitsfrage für die nächste Generation geklärt, hieß es damals, wobei viele in der SNP schon gleich eine neue Abstimmung wollten. Aufgrund des Brexit-Referendums 2016, bei dem die Mehrheit in Schottland gegen den EU-Austritt war, argumentiert die SNP seitdem, die Umstände hätten sich geändert und man müsse erneut abstimmen. Ihre Gegner in Schottland werten das aber als Ablenkungsmanöver der SNP-Regionalregierung vor den Problemen Schottlands.

Schottlands Ministerpräsidentin und SNP-Chefin Sturgeon gab an, dass sie das Urteil respektiere. Es entlarve aber den Mythos einer freiwilligen Union und unterstreiche die Notwendigkeit der Unabhängigkeit. „Die Demokratie Schottlands wird nicht unterbunden werden, das heutige Urteil blockiert lediglich einen Weg, wie Schottlands Stimme zur Unabhänigkeit gehört werden kann. Aber in einer Demokratie kann unsere Stimme nicht zum Schweigen gebracht werden“, twitterte Sturgeon.

Sturgeon hatte bereits vorher angekündigt, dass sie die nächste britische Parlamentswahl in eine Abstimmung zur schottischen Unabhängigkeit verwandeln wolle. Die Wahlen sind spätestens Ende 2024 fällig.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.