Herstellung von Brennelementen: Ministerium für Aus von Uranfabriken

Sonst sei der Atomausstieg unglaubwürdig, schreibt das Umweltressort. Eine schnelle Schließung ist aber nicht in Sicht.

Ein Polizeifahrzeug in Dunkeln vor einem Werkstor

Soll so bald wie möglich geschlossen werden: Atomfabrik im niedersächsischen Lingen Foto: dpa/Picture alliance

GÖTTINGEN taz | Es ist eine Ansage, die vorerst ohne Konsequenzen bleibt, aber immerhin eine Ansage: Das Bundesumweltministerium (BMUV) befürwortet ausdrücklich ein Ende der Produktion von Brennelementen für Atomkraftwerke in Deutschland: „Es ist aus Sicht des BMUV im Hinblick auf die Glaubwürdigkeit des deutschen Atomausstiegs generell erforderlich, die Kernbrennstoffproduktion zu beenden“, schreibt das Ministerium an das Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen in einem Brief, der der taz vorliegt. Allerdings, heißt es weiter, sei dafür eine Änderung der Gesetzeslage erforderlich.

Ein Ministeriumssprecher bestätigte auf Anfrage: „Aus Sicht des Bundesumweltministeriums würde die Beendigung der Kernbrennstoffproduktion den deutschen Atomausstieg vervollständigen.“ Gleichzeitig verwies er darauf, dass im Koalitionsvertrag keine entsprechenden Vereinbarungen getroffen worden seien: „Eine aktuelle Verfolgung der genannten Einschränkungen“ sei deshalb „derzeit nicht erfolgversprechend“. Nach Ansicht des Aktionsbündnisses und weiterer Anti­atom­kraftgruppen muss das Ministerium nun jedoch „die eigene Glaubwürdigkeit beweisen“ und einen konkreten Gesetzentwurf vorlegen.

In der Bundesrepublik werden AKW-Brennelemente seit 1979 im emsländischen Lingen gefertigt. Betreiber der Fabrik ist nach mehrmaligem Wechsel die Firma Advanced Nuclear Fuels (ANF), eine Tochterfirma des französischen Atomkonzerns Framatome, der wiederum zum staatlich dominierten Energieunternehmen Électricité de France gehört. Die Lingener Fabrik beliefert Atomkraftwerke unter anderem in den Niederlanden, in Belgien und in der Schweiz mit frischem Uranbrennstoff. Sie ist bislang, ebenso wie die Urananreicherungsanlage im westfälischen Gronau, vom deutschen Atomausstieg ausgenommen.

Statt einer raschen Stilllegung könnte Lingen künftig auch Kundschaft aus Osteuropa beliefern. Wie die Neue Osnabrücker Zeitung am Mittwoch berichtete, will ANF nicht mehr nur viereckige Brennelemente bauen, wie sie vorrangig in Reaktoren westlicher Bauart zum Einsatz kommen. Die Produktion solle vielmehr so umgestaltet werden, dass dort bald auch sechseckige Brennelemente montiert werden könnten, die in Atomkraftwerken russischer Bauart verwendet werden.

Es gibt Verbindungen zum russischen Atomkonzern Rosatom

Bereits vor Beginn des Kriegs gegen die Ukraine hatte der russische staatliche Atomkonzern Rosatom Interesse an einem Joint Venture mit ANF in Lingen signalisiert. Ein entsprechender Antrag des russisch-französischen Konsortiums lag dem Bundeswirtschaftsministerium bereits vor, wurde aber zurückgezogen. Der Zeitung zufolge soll das Joint Venture zwischen Rosatom und Framatome nun in Frankreich angesiedelt werden.

Das Aktionsbündnis und weitere Initiativen sind „entsetzt, dass Frankreich versucht, mitten im völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine die atomare Partnerschaft mit Russland weiter voranzutreiben“. Damit werde zwangsläufig auch die Lingener Brennelementefabrik „in den Einflussbereich des Kreml“ geraten. Es sei auch mit einer Zunahme von Uranlieferungen aus Russland zu rechnen.

In den vergangenen Wochen hatten Atomkraftgegner immer wieder gegen geplante und bereits erfolgte Urantransporte von Russland nach Lingen demonstriert. In dem Brief des Bundesumweltministeriums heißt es dazu: „Auf europäischer Ebene setzen wir uns für eine Erweiterung der Sanktionsmaßnahmen auf die russische kerntechnische Industrie ein. […] Ohne solche Sanktionsregelungen besteht derzeit rechtlich leider keine Handhabe, den Import aus Russland stammenden oder in Russland bearbeiteten Urans an die Brennelementfabrik in Lingen zu beenden.“

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