+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Gefechte im Donbass

Kiew zufolge bekämpfen sich Truppen im Kohle- und Stahlrevier Donbass. Litauen will der Ukraine beim Wiederaufbau der Energieinfrastruktur helfen. Papst Franziskus fordert Vermittlungsgespräche.

Papst vor winkenden Menschen

Will Friedensgespräche: Papst Franziskus, hier bei einer Generalaudienz im Vatikan Foto: Alessandra Tarantino/ap

Ukraine meldet Artillerie- und Panzerbeschuss

Im Kohle- und Stahlrevier Donbass im Osten der Ukraine liefern sich ukrainische und russische Truppen heftige Gefechte, wobei sich der Frontverlauf derzeit kaum verändert. Der ukrainische Generalstab meldete am Freitag Artillerie- und Panzerbeschuss auf Dörfer wie Wodjane, Krasnohoriwka und Marjinka bei der Stadt Awdijiwka. Die Kiewer Angaben waren nicht unabhängig überprüfbar, deckten sich in diesem Fall aber mit Berichten russischer Militärblogger.

Das von der Ukraine kontrollierte Awdijiwka liegt wenige Kilometer nördlich von Donezk. Weil dort schon seit 2014 die Front zwischen ukrainischen Kräften und den von Moskau kontrollierten Separatisten verläuft, sind die Stellungen der Ukraine gut ausgebaut. In den fast neun Monaten seit dem russischen Einmarsch am 24. Februar haben die russischen Kräfte nur geringe Geländegewinne erzielt. Zuletzt wurde nach russischen Angaben des Dorf Opytne erobert.

Nach Einschätzung des US-amerikanischen Instituts für Kriegsstudien (ISW) hat Russland an diesen Frontabschnitt Truppen verlegt, die durch den Rückzug aus dem Gebiet Cherson freigeworden sind. Weiterer Schwerpunkt der Gefechte ist laut Lagebericht des ukrainischen Generalstabs die Region um die Stadt Bachmut. Dort seien ukrainische Stellungen mit Panzern, Minenwerfern, Rohr- und Raketenartillerie beschossen worden. Auch hier ist der Frontverlauf seit Monaten praktisch unverändert.

Heftigen Artilleriebeschuss habe es auch am Frontabschnitt von Kupjansk gegeben. Dieser wichtige Eisenbahnknoten im Gebiet Charkiw war bei dem schnellen Vorstoß der ukrainischen Armee im September zurückerobert worden. Allerdings sind die Ukrainer seitdem Richtung Osten kaum weiter vorangekommen. Im Gebiet Saporischschja beschossen nach örtlichen Behördenangaben russische Truppen nachts ein Dorf mit den eigentlich zur Flugabwehr bestimmten Raketen des Systems S-300. Es sei ein Gebäude zerstört, Menschen aber nicht verletzt worden. (dpa)

Litauen hilft Ukraine bei Wiederaufbau von Energieinfrastruktur

Litauen unterstützt die von Russland angegriffene Ukraine mit Anlagen und Ausrüstung beim Wiederaufbau von zerstörter Energieinfrastruktur. Nach Angaben des Energieministeriums in Vilnius wurden von Firmen und Organisationen des litauischen Energiesektors seit Kriegsbeginn am 24. Februar bisher Sachmittel im Wert von drei Millionen Euro an Kiew übergeben. Darunter seien Stromgeneratoren, Kraftstoff und Transformatoren sowie Ausrüstungen für die Reparatur von Umspannwerken und Gasleitungen gewesen. Weitere Unterstützung im Wert von zwei Millionen Euro soll in Kürze folgen, teilte das Ministerium des baltischen EU- und Nato-Landes am Freitag mit.

„Russland zerstört absichtlich die Energieinfrastruktur der Ukraine. Nach unserem Kenntnisstand sind 40 Prozent der Infrastruktur beschädigt – das sind mehr als 400 kritische Objekte in der ganzen Ukraine“, sagte Energieminister Dainius Kreivys. Litauen sei eines der wenigen Länder, in denen noch Anlagen sowjetischer Bauart vorhanden seien, die im ukrainischen Energiesektor verwendet würden.

Massive Raketenangriffen von Russland auf die Energieinfrastruktur der Ukraine verursachen derzeit immer wieder Stromausfälle in dem Land. Zuletzt waren nach Angaben aus Kiew etwa zehn Millionen Menschen zeitweise ohne Strom. (dpa)

Russland hofft auf Gefangenenaustausch mit den USA

Moskau hofft auf einen Gefangenenaustausch mit Washington, der auch den in den USA inhaftierten russischen Waffenhändler Wiktor But umfassen soll. Er hoffe, dass „der Moment kommt, in dem wir eine konkrete Vereinbarung erzielen“, sagte der russische Vize-Außenminister Sergej Rjabkow laut russischen Nachrichtenagenturen am Freitag mit Blick auf einen Gefangenenaustausch.

Russland und die USA verhandeln seit Monaten hinter den Kulissen über einen Gefangenenaustausch, der auch die US-Basketballerin Brittney Griner betrifft. Griner wurde wegen des Vorwurfs des Drogenschmuggels in Russland zu neun Jahren Haft verurteilt. Die Unterstützer der 32-Jährigen bezeichnen ihren Fall als politisch motiviert.

Das Ringen um die US-Sportlerin spielt sich vor dem Hintergrund der massiven Spannungen zwischen Washington und Moskau wegen der russischen Militäroffensive in der Ukraine ab. Griner wurde inzwischen nach Angaben ihrer Anwälte in eine abgelegene russische Strafkolonie verlegt. Sie sitze ihre Strafe nun in dem Straflager IK-2 in der Region Mordwinien ab, hatten ihre Anwälte am Donnerstag erklärt.

„Bisher haben wir keinen gemeinsamen Nenner gefunden, aber Wiktor But zählt unbestritten zu denjenigen, die von den Gesprächen betroffen sind, und wir hoffen auf einen positiven Ausgang“, sagte Rjabkow. Der als „Händler des Todes“ bekannte But war 2008 in Thailand festgenommen worden und sitzt derzeit eine 25-jährige Haftstrafe in den USA ab. Er diente als Inspiration für den Film „Händler des Todes“, in dem Nicolas Cage einen zynischen Waffenhändler spielt. (afp)

Polen und die Ukraine verhandeln über internationale Ermittlergruppe

Nach dem Raketeneinschlag auf polnischem Staatsgebiet beraten Polen und die Ukraine derzeit nach Angaben aus Warschau über die Einsetzung einer internationalen Ermittlergruppe. Dies sei eine von zwei Möglichkeiten, ukrainische Spezialisten an den Untersuchungen am Absturzort zu beteiligen, sagte der Chef des Büros für Nationale Sicherheit beim polnischen Präsidenten, Jacek Siewiera, am Donnerstagabend dem Sender TVN24.

Der Ukraine sei bereits am Mittwoch in einem Schreiben mitgeteilt worden, dass die polnische Seite die Anwesenheit von Vertretern der ukrainischen Verwaltung an der Einschlagsstelle gestatte, sagte Siewiera. Für eine aktive Beteiligung an den Ermittlungen gebe es zwei juristische Wege. Entweder könne die Ukraine ein internationales Rechtshilfe-Ersuchen stellen oder Polens Generalstaatsanwalt eine internationale Ermittlergruppe einsetzen. „Derzeit hat die ukrainische Seite keinen Rechtsbeistand beantragt; es laufen Gespräche – vielleicht sind sie schon abgeschlossen – über eine internationale Gruppe“, sagte Siewiera.

Im polnischen Grenzgebiet zur Ukraine war am Dienstag eine Rakete eingeschlagen. Dabei kamen zwei Menschen ums Leben. Zurzeit geht der Westen davon aus, dass es eine ukrainische Flugabwehrrakete war, die zur Verteidigung gegen Angriffe des russischen Militärs eingesetzt wurde. Unmittelbar nach der Explosion in dem Nato-Land war in Medienberichten aber auch von einer russischen Rakete die Rede. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hält bislang an der Behauptung fest, dass es eine russische Rakete gewesen sei, schränkte aber ein, dass er nicht mit hundertprozentiger Sicherheit wisse, was passiert sei. (dpa)

Papst will vermitteln

Papst Franziskus bietet erneut den Vatikan als Vermittler im Ukraine-Krieg an. In einem Interview der italienischen Zeitung „La Stampa“ ruft das Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche Russland und die Ukraine auf, den Konflikt zu beenden. Auf die Frage, ob er eine Aussöhnung zwischen den beiden Ländern für möglich halte, fordert der Papst alle auf, darin nicht aufzugeben. „Aber alle müssen sich dazu verpflichten, die Herzen zu entmilitarisieren und dabei mit dem eigenen beginnen, und dann die Gewalt zu entschärfen und zu entwaffnen. Wir müssen alle Pazifisten sein. Den Frieden wollen, nicht nur einen Waffenstillstand, der nur der Aufrüstung dienen kann. Echten Frieden, der die Frucht des Dialogs ist.“ (rtr)

Macron fordert Apec-Staaten zur Positionierung auf

Der französische Präsident Emmanuel Macron hat die Länder der Asien-Pazifik-Region aufgefordert, sich dem „wachsenden Konsens“ gegen den russischen Angriffskrieg in der Ukraine anzuschließen. „Dieser Krieg ist auch Ihr Problem“, sagte Macron am Freitag bei einer Rede auf dem Asien-Pazifik-Gipfel (Apec) in der thailändischen Hauptstadt Bangkok. Macron ist als Ehrengast zu dem Spitzentreffen geladen, Frankreich ist kein Mitgliedstaat der Apec.

Frankreichs oberste Priorität sei es, zum Frieden in der Ukraine beizutragen und zu versuchen, „eine globale Dynamik zu entwickeln, um Druck auf Russland auszuüben“, betonte Macron. Frankreich wolle dabei eng mit China, Indien und der gesamten Region zusammenarbeiten. Asiatische Länder wie China, Indien, Vietnam oder Kambodscha tragen die Sanktionen gegen Russland bislang nicht mit.

Der Apec gehören 21 Staaten beiderseits des Pazifiks an. In ihnen leben weit mehr als ein Drittel der Weltbevölkerung. (dpa)

Australien fordert Auslieferung der wegen MH17 Verurteilten

Die australische Regierung hat Russland aufgefordert, die wegen des Abschusses von Flug MH17 über der Ukraine zu lebenslanger Haft verurteilten Männer auszuliefern. Das am Donnerstag gefällte Urteil zeige, dass Russland eine Verantwortung für den Abschuss trage, erklärte Außenministerin Penny Wong am Freitag. „Kein Ausweichen, Verschleiern oder Desinformation“ könne diese Tatsache aus der Welt schaffen.

Moskau solle die drei Männer ausliefern, damit sie sich dem Urteil für ihre „abscheulichen Verbrechen“ stellen müssten. „Wir sagen Russland: Die Welt weiß, dass Sie Mördern Unterschlupf gewähren – und das sagt etwas über Sie aus, Herr Putin“, sagte Wong dem Fernsehsender ABC.

Beim Abschuss des Passagierflugzeugs über der Ostukraine am 17. Juli 2014 waren alle 298 Menschen an Bord getötet worden, unter ihnen 196 Niederländer. Das Gericht sah es in seinem am Donnerstag verkündeten Urteil als erwiesen an, dass die Maschine von einer Boden-Luft-Rakete vom Typ BUK abgeschossen wurde, die von einem russischen Militärstützpunkt in Kursk stammte. (afp)

Selenksi begrüßt MH17-Urteil

Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski hat die Verurteilung der Verantwortlichen für den Abschuss der Passagiermaschine MH17 vor gut acht Jahren als „sehr wichtig bezeichnet“. Aber erst, wenn auch deren Führung in Russland dafür verurteilt werde, sei dies eine sichere Basis für den Frieden, fügte er in seiner Videobotschaft am Donnerstag hinzu. (dpa)

Moskau weist MH17-Urteil zurück

Russland hat erwartungsgemäß den Schuldspruch des niederländischen Gerichts zum Abschuss der Passagiermaschine als politisch motiviert zurück. „Sowohl der Verlauf als auch die Ergebnisse der Verhandlung zeugen davon, dass ihr der politische Auftrag zugrunde lag, die Version (…) von einer Beteiligung Russlands an der Tragödie zu stärken“, teilte das russische Außenministerium am Donnerstag auf seiner Homepage mit.

Die russische Führung hatte den Prozess schon früher abgelehnt und eine Mitverantwortung stets abgestritten. (dpa)

Selenski begrüßt Verlängerung des Getreidedeals

Selenski zeigte sich in seiner Videobotschaft zufrieden mit der Verlängerung des Getreidedeals. „Trotz aller Schwierigkeiten, trotz diverser Manipulationen durch Russland, werden wir weiterhin landwirtschaftliche Produkte über unsere Häfen am Schwarzen Meer exportieren“, sagte der 44-Jährige. Das kurz vor dem Ablauf stehende Abkommen war am Donnerstag unter Vermittlung der Türkei und der Vereinten Nationen um 120 Tage verlängert worden.gebracht hätten. (dpa)

Polen hält Beteiligung ukrainischer Ermittler für schwierig

Eine Beteiligung ukrainischer Spezialisten an den Ermittlungen zum Raketeneinschlag auf polnischem Staatsgebiet ist nach Aussage von Polens Präsidenten Andrzej Duda an die Vorschriften der internationalen Rechtshilfe gebunden. „Wenn Gäste aus der Ukraine die laufenden Ermittlungen anschauen möchten, dann wird es möglich sein, ihnen das zu zeigen, so wie es mir heute gezeigt wurde“, sagte Duda am Donnerstag nach einem Besuch an der Einschlagstelle in dem Dorf Przewodow.

„Aber wenn es um die aktive Teilnahme an den Ermittlungen geht, um den Zugang zu Dokumenten, zu Informationen, dann bedarf es schon spezifischer vertraglicher Grundlagen im Sinne des internationalen Rechts und internationaler Abkommen.“ Selenskyj hatte zuvor gesagt, Fachleute aus seinem Land dürften an der Untersuchung teilnehmen. Dazu sei die entsprechende Bestätigung aus Polen gekommen. (dpa)

IAEA fordert russischen Abzug aus AKW Saporischschja

Der Gouverneursrat der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) forderte Russland zur Aufgabe des besetzten ukrainischen Atomkraftwerks Saporischschja aufgefordert. Moskau solle sein militärisches und ziviles Personal sofort abziehen und seinen „unbegründeten Besitzanspruch“ auf das AKW im Südosten der Ukraine aufgeben, hieß es in einer Resolution, die das Gremium am Donnerstagabend in Wien verabschiedete. Der Gouverneursrat zeigte sich auch äußerst besorgt, dass ukrainische Mitarbeiter der Anlage von russischer Seite unter Druck gesetzt würden, und dass es auch zu Festnahmen gekommen sei.

Die nunmehr dritte IAEA-Resolution gegen Russland seit dem Beginn des Krieges in der Ukraine wurde laut Diplomaten von 24 Staaten unterstützt. China und Russland stimmten dagegen. Das AKW Saporischschja steht seit März unter russischer Besatzung. Das größte Kernkraftwerk Europas kam seitdem immer wieder unter Beschuss. (dpa)

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir alle wollen angesichts dessen, was mit der Ukraine derzeit geschieht, nicht tatenlos zusehen. Doch wie soll mensch von Deutschland aus helfen? Unsere Ukraine-Soli-Liste bietet Ihnen einige Ansätze fürs eigene Aktivwerden.

▶ Die Liste finden Sie unter taz.de/ukrainesoli

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.