Studierende plündern die vegane Mensa

Hamburger Studierende stehlen erneut Essen aus einer ihrer Mensen. Das Studierendenwerk sieht sich als falschen Adressaten für die Protestaktion

Raubgut: Essen aus der „Blattwerk“-Mensa in Hamburg Foto: Christian Charisius/dpa

Von Sebastian Ridder

Über 20 Studierende haben am Mittwoch in der veganen Mensa „Blattwerk“ am Campus der Uni Hamburg mehrere Essensportionen gestohlen. Zuvor hatte eine Gruppe Studierender vor dem Gebäude zum Preisboykott aufgerufen. In einer Pressemitteilung bekennt sich das sogenannte Plünderungskollektiv zu dem Vorfall und deklariert ihn als Plünderung im Kontext von Krisen- und Sozialprotest.

Der Geschäftsführer des Studierendenwerks Hamburg, Sven Lorenz, empfindet die Aktionen als unfair: „Dieses Vorgehen ist nicht legitim und nicht legal. Als Unterstützer der Studierenden sehen wir uns als der falsche Adressat für diese Proteste.“ Die Sprecherin der Hamburger Wissenschaftsbehörde, Silvie Wemper, verurteilt die Aktionen: „Plünderungen in den Mensen sind inakzeptabel. Sie sind eine illegale und unfaire Form des Protests und schaden letztendlich anderen Studierenden.“

Der zweite Vorsitzende des Asta der Hafencity-Universität, Janis Wegner, möchte zu den Protesten keine Meinung abgeben. Es sei jedoch gut, wenn Aufmerksamkeit auf die finanzielle Lage der Studierenden gerichtet wird.

Bereits am zweiten November hatten sich 30 Studierende zu einer spontanen Kundgebung auf dem Campus versammelt, um anschließend Essens­portionen aus der Mensa der Universität Hamburg zu klauen. Damals bekannte sich die linke „Gruppe für den organisierten Widerspruch“, kurz Grow, zu der Aktion und bezeichnete sie als „Plünderung“ und „Preisboykott“. Ob eine Verbindung zwischen den beiden Gruppen besteht, ist unklar.

Den wirtschaftlichen Schaden des Diebstahls hält Lorenz für durchaus verkraftbar. Die Men­sa­mit­ar­bei­te­r*in­nen sollen besonnen auf die Protestaktionen reagiert haben. Bedenklicher sei, dass Mit­ar­bei­te­r*in­nen und dort essende Studierende verschreckt worden sein könnten. „Wir müssen nun ein Signal setzen.“ Lorenz betont, dass er nicht eskalierend vorgehen will. „Das hilft keinem in dieser Situation.“

Lorenz zeigt Verständnis für die finanziellen Nöte der Studierenden.Derzeit plane das Studierendenwerk keine Preiserhöhungen, obwohl sich ein Defizit im Haushalt ergebe, da man die gestiegenen Lebensmittelpreise und Heizkosten nicht eins zu eins an die Studierenden weitergebe. Durch kluge Einkaufsplanung spare man derzeit schon, um die Studierenden nicht zu belasten. Der Senat habe außerdem einen Defizitausgleich für das Studierendenwerk in Aussicht gestellt.

„Wenn das Essen um 50 Cent pro Portion billiger würde, wäre schon etwas getan“

Janis Wegner, Asta der Hafencity-Universität

Zuletzt waren die Mensa­preise im August erhöht worden. Eine weitere Steigerung lehnte wenig später die Wissenschaftsbehörde ab. Asta-Vize Wegner wünscht sich nun, dass die Stadt den Mensapreis durch höhere Zuschüsse drückt. „Wenn dadurch das Essen um 50 Cent pro Portion billiger würde, wäre schon etwas getan“, sagt er.

Schließlich hätten die Studierenden der Hafencity-Universität bisher weder die Rückzahlungen aus dem Semesterbeitrag wegen des Neun-Euro-Tickets noch die Soforthilfe der Bundesregierung erhalten. Der Asta fordere zudem, dass das Semesterticket angesichts des geplanten Deutschlandtickets künftig vergünstigt wird.

Lorenz sieht als besten Weg zu einer umfangreichen Entlastung Studierender eine dynamischere Anpassung der Bafög-Sätze. Noch zum Wintersemester hatte der Bund die Bafög-Zahlungen erhöht, jedoch nicht ausreichend, wie der stellvertretende Abteilungsleiter Studienfinanzierung des Studierendenwerks, Michael Liebert, meint: „Es ist kein Geheimnis, dass die Bedarfssätze nicht angemessen sind. Zwischen 2010 und 2016 gab es dort keine Anhebung und nun gibt es großen Nachholbedarf.“ Auch der Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks, Matthias Anbuhl, fordert regelmäßige Anpassungen. „Die Bundesregierung reagiert mit Soforthilfen, aber wir brauchen beim Bafög eine strukturelle Reform.“