Migration nach Deutschland: Wettstreit um helfende Hände

Das Kabinett beschließt Eckpunkte, um die Einwanderung von Fachkräften zu erleichtern. Die Ampel freut sich darüber, sich ausnahmsweise einig zu sein.

Nancy Faeser, Robert Habeck und Hubertus Heil vor der blauen Wand eines Ministeriums

„Richtig gutes Teamwork“: Die Mi­nis­te­r:in­nen Heil, Faeser und Habeck am Mittwoch in Berlin Foto: Lisi Niesner/reuters

BERLIN taz | Das Bedürfnis nach Harmonie scheint groß in der letzthin häufig zerstrittenen Bundesregierung. Und so nutzten am Mittwoch gleich vier Bundesmi­nis­te­r*in­nen die Gelegenheit, die Koalition und ihre Pläne zur Arbeitsmigration in allen Tönen zu loben.

„Das war wirklich gutes Teamwork“, erklärte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), nachdem das Kabinett am Vormittag die Eckpunkte des neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetzes beschlossen hatte. Das Gesetz werbe offensiv für eine „Gesellschaft der vielen“ und erkenne an, dass die deutsche Wirtschaft Fachkräfte aus dem Ausland brauche. „Ich bin überzeugt, dass dieses Eckpunktepapier und dieses Gesetz nur in dieser Regierungskonstellation entstehen konnten“, schwärmt Habeck.

Dank des „sehr umfangreichen Eckpunktepapiers“, das die Details schon regele, könne man nun schnell auch einen Gesetzentwurf vorlegen, versprach Innenministerin Nancy Fae­ser (SPD). Damit wolle man „Fachkräften und Arbeitskräften einen unbürokratischeren Zugang als bisher“ ermöglichen.

Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) betonte, das Vorhaben sei „längst überfällig“. Zwei Millionen Arbeitsstellen in Deutschland seien unbesetzt. „Uns fehlen nicht nur Akademiker, sondern die ganze Bandbreite. Die Gastronomie muss teilweise schließen, Geschäfte haben nicht mehr an allen Tagen offen, weil Arbeitskräfte fehlen.“ Hier sei „viel liegen gelassen worden“, stichelt sie gegen die Vorgängerkoalition aus Union und SPD, die 2019 das erst Fachkräfteeinwanderungsgesetzes beschlossen hatte.

Angst vor dem Worst-Case-Szenario

Mitverantwortlich damals wie heute war als Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD). Und auch er kritisiert das eigene Vorgängergesetz: „Wir dürfen Einwanderung nicht nur irgendwie bürokratisch hinnehmen wie in der Vergangenheit, sondern müssen für unseren Wohlstand und unser Wachstum auch anwerben. Wir müssen Migration wollen“, sagte er. „Deutschland braucht in Zukunft alle helfenden Hände und klugen Köpfe.“ Um diese konkurriere es mit anderen Ländern.

Ex­per­t*in­nen gehen davon aus, dass Deutschland jährlich rund 400.000 Arbeitskräfte aus dem Ausland braucht. In einem Worst-Case-Szenario könnten Deutschland bis 2035 ganze sieben Millionen Fachkräfte fehlen, prognostiziert Heil.

Das will die Ampel verhindern. Das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz soll die bisherigen Verfahren entbürokratisieren, beschleunigen und Hürden senken. Die Anerkennung von Abschlüssen soll einfacher werden und nicht mehr in jedem Fall notwendig sein. Berufserfahrung soll stärker ins Gewicht fallen.

„Es kommen Menschen“

Eine Chancenkarte soll es Menschen ermöglichen, zur Jobsuche nach Deutschland zu kommen, wenn sie von einer Reihe Kriterien mindestens drei erfüllen – dazu gehören neben Qualifikation auch Sprachkenntnisse, Berufserfahrung, Deutschlandbezug und Alter.

Man dürfe die Fehler der Vergangenheit nicht wiederholen, warnte Heil. „Am Ende kommen nicht nur Fachkräfte, sondern es kommen auch Menschen.“ Deswegen brauche es In­te­gra­tion von Anfang an. Der Minister kündigte an, man werde Anfang kommenden Jahres den Gesetzenwurf in den Bundestag einbringen.

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