Elbtower-Investor kann loslegen: Möge eine schöne Ruine entstehen!

Hamburg übergibt dem Investor René Benko das Grundstück für den Elbtower. Der 245-Meter-Turm könnte am Ende zu einem Wahrzeichen anderer Art werden.

Olaf Scholz vor einer Visualisierung des Elbtowers

Eines seiner Vermächtnisse in Hamburg: Olaf Scholz 2018 vor einer Visualisierung des Elbtowers Foto: Daniel Reinhardt/dpa

Es soll vielleicht nicht Hamburgs schönstes Wahrzeichen, aber doch immerhin das am weitesten sichtbare werden: Der Errichtung des 245 Meter hohen Elbtowers steht nun kaum mehr etwas im Weg. Bis zum 30. November hatte die Stadt als Verkäuferin der Fläche an den Elbbrücken Zeit zu prüfen, ob der Käufer alle Bedingungen erfüllt hat. Nun steht nur noch der zweite Teil der Überweisung des Verkaufspreises durch den Immobilieninvestor René Benko und seiner Signa-Gruppe an.

Dann gibt es kein Zurück mehr. Doch tatsächlich beginnt erst jetzt die wirklich spannende Projektphase – an deren Ende mit einer Bauruine ein Wahrzeichen ganz anderer Art weithin sichtbar sein könnte. Und schön wäre das ja!

Allen auch internen Zweifeln zum Trotz hat die hamburgische SPD das Projekt bis hierhin durchgedrückt. Denn: Der Turm, so einst Fraktionschef Dirk Kienscherf, „bereichert unsere Stadt“. Und mehr noch: Das Bauwerk unterstreiche „die Bedeutung der Stadt als Tor zur Welt“.

Ja, wie soll ein Mensch gegen solche programmatischen Ansagen argumentieren! Und es ist obendrauf ja auch das Vermächtnis des zweiten hansestädtisch-sozialdemokratischen Bundeskanzlers nach Helmut Schmidt. In seinen letzten Handlungen als Bürgermeister stellte Olaf Scholz 2018 die Weichen.

Eine lange Liste an Zweifeln

Doch seither hat sich die Lage ziemlich gewandelt. Zwar hat die Stadt ein wenig darauf reagiert und höhere Anforderungen an Benkos Signa-Gruppe gestellt. Doch können sie im Kern nicht den Zweifel daran ausräumen, dass die Signa-Gruppe das Gebäude vielleicht nie wird fertigstellen können.

Der Zweifel beginnt bei Benko. Der war zwar auch schon 2018 wegen Korruption vorbestraft und nicht gerade das, was Ham­bur­ge­r:in­nen gerne einen ehrbaren Kaufmann nennen. Aber bald könnte er erneut vor Gericht stehen. Die österreichischen Behörden ermitteln gegen ihn wegen Bestechung eines hohen Finanzbeamten, um ein Steuerverfahren zu beeinflussen. Springen dann die davon abgeschreckten Investoren des Elbtower-Projekts ab?

Und dann ist da die erneute Insolvenz von Benkos Warenhauskette Galeria-Karstadt-Kaufhof. Ist das nicht ein Zeichen, dass man in Benkos Händchen für erfolgreiche Unternehmungen vielleicht doch nicht so viel Vertrauen haben sollte? Schließlich muss die Signa-Gruppe genügend Geld haben, um den Bau fertigzustellen.

Einen Großteil des Kapitals stellt sie nicht selbst, sondern lässt ihn fremdfinanzieren. Da ist es sicherlich nicht hilfreich, dass kürzlich bekannt wurde, der Turm werde statt der geplanten 700 Millionen Euro nun 950 Millionen Euro kosten.

Erinnerungen an die Elbphilharmonie

Das jedoch sind nur einige der Zweifel, deren Gesamtheit kürzlich auch der Spiegel zusammenfasste. Nicht unwahrscheinlich also, dass in drei Jahren nicht wie versprochen die schmucke gekrümmte Glasfassade des Turms in der Sonne strahlt, sondern dort höchstens ein Stahlgerippe ein paar Dutzend Meter hoch in die Luft ragt. Gänzlich neu wäre Ham­bur­ge­r:in­nen ein solcher Anblick nicht. Bei der Elbphilharmonie sah es zeitweise ähnlich aus.

Und schön anzusehen wäre eine solche Bauruine ja dennoch – als Wahrzeichen städtischen Größenwahns. Es könnte über viele Jahre hinweg stetig rostend mahnen, von derlei überdimensionierten und ziemlich unnützen Projekten die Finger zu lassen.

Aber so eine Ruine würde natürlich höchstens für eine kurze Zeit mahnen. Das immerhin hat die Stadt vertraglich gesichert: Geht Benkos Signa-Gruppe pleite und kann den Bau nicht vollenden, darf die Stadt das Grundstück samt der bisherigen Bautätigkeit zurückkaufen – und das Wahrzeichen selbst zu Ende bauen.

Einziger Haken und klug von Benkos Signa-Gruppe ausgehandelt: Sie bekommt dann auch noch die bisherigen Baukosten erstattet. Aber auch das wäre ja eine schöne Mahnung für künftige sozialdemokratisch regierte Hamburger Senate.

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Jahrgang 1991, hat Politik und Geschichte in Göttingen, Bologna und Hamburg studiert. Von 2020 bis August 2022 Volontär der taz nord in Hamburg, seither dort Redakteur und Chef vom Dienst. Schreibt meist über Politik und Soziales in Hamburg und Norddeutschland.

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