Forschungserfolg gegen Darmkrebs: Krebszellen am Wandern hindern

Spanische For­sche­r:in­nen haben herausgefunden, wie genau sich Darmkrebs im Körper verbreitet. Das soll neue Therapieansätze ermöglichen.

Mikroskopaufnahme von Gewebe.

Mikroskopischer Schnitt durch Gewebe eines Rektumadenokarzinoms Foto: imago

MADRID taz | Darmkrebs gehört zu den häufigsten und auch zu den tödlichsten Krebsarten weltweit. Jährlich sterben rund eine Million Menschen auf der Welt an den Folgen dieser Erkrankung. Dabei ist meist nicht der eigentliche Tumor das Gefährlichste. Er lässt sich oft gut operativ entfernen. Riskant wird es, wenn der Krebs lange unentdeckt blieb und schon Metastasen in Lunge und Leber gebildet hat. Das ist bei etwa einem Drittel aller Pa­ti­en­t*in­nen der Fall, und für 85 Prozent dieser Gruppe endet es tödlich.

Nur wie genau kommt der Krebs vom Darm in die anderen Organe? Forscher des Instituts für Biomedizin in Barcelona (IRB) haben nun Zellen identifiziert, die für die Bildung von Tochtergeschwulsten in Lunge und Leber bei Darmkrebs verantwortlich sind. Es sind wenige, aber sie sind besonders aggressiv. Ziel des Teams um Eduard Batlle: die Entstehung von Metastasen zu verstehen, um dann Behandlungsformen zu finden, die das Fortschreiten der Krankheit aufhalten können.

Die Studie

Das Forscherteam aus Barcelona konnte im Versuch an Mäusen die Übeltäterzellen identifizieren. Sie wurden „High Relapse Cells (HRCs)“ getauft, „Zellen mit hoher Rückfallwahrscheinlichkeit“. Es handelt sich um Zellen, die sich vom Haupttumor lösen und dann bei etwa jedem dritten Betroffenen das Wachstum von Metastasen in anderen Organen auslösen. Bis dato völlig unbekannt: Diese Zellen machen sich nicht einzeln, sondern als kleine Gruppen auf den Weg.

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Die entsprechende Studie hat die Forschungsgruppe Anfang November im Wissenschaftsmagazin Nature veröffentlicht. ­Eduard Batlle und Team nahmen eine Genomanalyse dieser Zellen vor und konnten 99 Gene ausmachen, die überdurchschnittlich aktiv sind – ein signifikanter Unterschied zu anderen Tumorzellen. „Einige dieser 99 Gene produzieren Proteine, die mit Medikamenten angegriffen werden können“, sagt Batlle. Ein Ansatzpunkt für die Behandlung.

Was bringt’s?

Bereits heute existieren Immuntherapien, die in der Lage sind, solche High Relapse Cells zu zerstören – vorausgesetzt, dass sie noch nicht in Leber und Lunge angekommen sind. Entscheidend ist der Zeitpunkt der Therapie. Im Versuch an Mäusen hat sich gezeigt, dass diese Therapien am erfolgreichsten sind, wenn sie eingesetzt werden, noch bevor der Primärtumor operativ entfernt wird.

Denn haben sich die Zellen einmal in den Organen eingenistet, schaffen sie sich ihr eigenes Tumorumfeld, dem kaum noch beizukommen ist. Es gilt also, so der Nature-Artikel, das Zeitfenster zu nutzen, innerhalb dessen die Immuntherapie einen späteren Rückfall verhindern kann. Eine entsprechende Behandlung, so hofft Batlle, könnte pro Jahr rund einer halben Million Menschen weltweit das Leben retten.

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