Deutsche Auftaktniederlage: Die Stunde der Reaktionäre

Scheidet die DFB-Elf aus, wird es heißen: Sie hätte sich statt Menschenrechten nur um Fußball kümmern sollen. Schon deshalb sollte sie weiterkommen.

Spieler des DFB-Teams bei der Aufstellung mit Hand vor dem Mund

Schon jetzt ein ikonisches Foto: Das DFB-Team hält sich den Mund zu Foto: Christian Charisius/dpa

Am Sonntag drücke ich dem DFB-Team die Daumen. Jedenfalls ein bisschen. Und obwohl WM-Boykotteur. Warum? Im Vergleich zu anderen nationalen Verbandspräsidenten und Mannschaften bei dieser WM, ausgenommen Dänemark, haben sich DFB-Präsident Bernd Neuendorf und „unsere“ Spieler zumindest halbwegs kritisch verhalten – auch wenn mensch in der Bindenfrage ohne Not eingeknickt ist. Der stumme Protest vor dem Anpfiff gegen Japan war der erste gegen die Fifa bei dieser WM und traf im Ausland auf positive Resonanz. Freunde aus England und Irland übertrieben es allerdings, als sie in ihren What’s App-Nachrichten die „mutigen Deutschen“ priesen – verbunden mit der Hoffnung, dass nun andere Teams dem Beispiel folgen.

Kein anderer Verband und Verbandspräsident hatte in den letzten Tagen so viel Stress mit Gianni Infantino wie der DFB und Bernd Neuendorf. Vorstellbar, dass sich der Fifa-Diktator nach der Auftaktniederlage die Hände gerieben hat. Scheidet die DFB-Elf vorzeitig aus, wird es heißen: Der DFB, sein Präsident und die Spieler hätten sich lieber um Fußball kümmern sollen! Nicht um Menschenrechte, Regenbogenbinden et cetera. Damit seien die Spieler überfordert. Dies meinte schon der autoritäre und stramm konservative Hermann Neuberger, Präsident des Verbands von 1975 bis 1992.

„Kein Grund für Protest“

Nach dem stillen Protest meldete sich als erste Sylvia Schenk zu Wort. Nach dem Abgang von Fritz Keller hatte sich Schenk als DFB-Präsidentin ins Gespräch gebracht – erfolglos. Neuendorf warf sie nun vor, „Frontalopposition zu machen.“ Schenk mag keine öffentlichen Proteste von Spielern. Schon die harmlosen „Human Rights“-Shirts stießen ihr auf. Bezüglich der Situation der Ar­beits­mi­gran­t*in­nen gäbe es „keinen Grund für Protest“.

Gern erzählt Schenk die rührselige Geschichte vom Diskriminierungsopfer Infantino – der Fifa-Boss habe ihr davon persönlich berichtet, das sei sehr authentisch und beeindruckend gewesen. Wir müssen damit rechnen, dass nun die Stunde der Leute kommt, die wieder einen Präsidenten wollen, der sich nur um Fußball kümmert und auf „Gesellschaftspolitik“ verzichtet. Und sollten nicht vergessen, wie die Alternative zu Bernd Neuendorf hieß: Peter Peters.

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