Davis Cup ohne Stars: Versprechen welken schon

Beim Davis-Cup-Finalturnier fehlen die besten Tennisspieler. Wie die avisierten Milliarden eingespielt werden sollen, bleibt ein Rätsel.

Australiens Aley de Minaur spielt eine Rückhand

Alex de Minaur bringt Australien im Duell gegen die Nieder­lande ins Halbfinale Foto: Joan Monfort/ap

Als die Generalversammlung des Tennis-Weltverbandes (ITF) im August 2018 den heftig umstrittenen Verkauf der Davis-Cup-Rechte beschlossen hatte, fand der ITF-Oberhäuptling David Haggerty (USA) wie üblich große und wolkige Worte. Eine „neue Ära“ werde anbrechen, „starke Perspektiven“ biete die Partnerschaft mit der Investorengruppe Kosmos um Fußballstar Gerard Piqué, erklärte der notorisch lächelnde Amerikaner: „Dies ist der Aufbruch in eine gute Zukunft.“

In dieser Woche nun ist die „gute Zukunft“ beim Finalturnier des Davis Cup in der spanischen Küstenstadt Málaga zu besichtigen. Jahre der Konfusion, der ständigen Regel- und Modusänderungen und der Streitigkeiten um Zahlungen an die ITF-Mitgliedsverbände liegen hinter den Tennis-Akteuren. Von Aufbruchstimmung und rosigen Aussichten für den neu strukturierten Wettbewerb, den Traditionalisten als „Tod des wahren Davis Cup“ (Frankreichs ehemaliger Davis-Cup-Kapitän Yannick Noah) bezeichnen, kann keine Rede sein.

Echte Heimspiel-Stimmung, typisch für die älteste regelmäßige Sportveranstaltung überhaupt, kommt beim Finalturnier ohnehin nur für Gastgeber Spanien auf. Die Zahl der mitgereisten Fans aus anderen Nationen hält sich in Grenzen, auch die Partie zwischen Deutschland und Kanada an diesem Donnerstag wird nur ein matter Abglanz früherer Davis-Cup-Knüller auf heimischem Terrain sein.

Wie die einst gigantischen Versprechungen der Kosmos-Geldgeber eingehalten werden sollen, bleibt für Marketing-Experten schleierhaft. Nicht weniger als 3 Milliarden Dollar sollten bis zum Laufzeitende des 25-Jahres-Kontraktes fließen, also 120 Millionen Dollar Jahr für Jahr. Dass die Zahlungen schon in der Anlaufphase deutlich geringer ausfielen, ist einerseits ein offenes Geheimnis. Und andererseits für Insider alles andere als überraschend. Bereits kurz nach dem Vertragsabschluss der ITF mit Kosmos hatte der Spitzenmanager eines Tennisprofis dezidiert erklärt, der Deal sei „schlicht nicht finanzierbar“.

Ohne Fundamanet

Bis heute fehlt den Visionären einer schönen neuen Davis-Cup-Welt das Fundament eines wirklich starken Sponsorenpools. Auf der Davis-Cup-Webseite findet sich als Sponsor tatsächlich nur Rakuten selbst, die Firma des japanischen Internet­milliardärs Hiroshi Mikitani, die hinter Kosmos steht. Welche geldwerte Unterstützung Partner wie Lexus oder Spaniens Fußball-„La Liga“ bieten, bleibt offen. Angeblich besteht der Deal mit dem Kickerverband darin, dass La Liga Werbespots auf seinen Social-Media-Kanälen verbreitet.

Schon bald könnten die finanziellen Probleme Kosmos zu unpopulären Maßnahmen zwingen. Im Frühjahr hielten sich hartnäckig Gerüchte, Pique und seine Mitstreiter beabsichtigten, das Finalturnier in Saudi-Arabien auszutragen. Erst nach internen Boykottdrohungen vieler Profis knickte das Konsortium ein. Ausgestanden ist die Standortfrage aber keinesfalls: Auch Oracle-Boss Larry Ellison hat bereits Interesse signalisiert, in seinem Tennis Garden in Indian Wells den reformierten Davis Cup auszutragen. Der jetzige Termin am Ende der Saison wäre dann allerdings kaum zu halten, der Anreisestress nach Kalifornien zum Ende der Saison hätte zweifellos eine Absagewelle zur Folge.

Auch jetzt leidet der Davis Cup schon massiv unter seinem schlechten Termin, auf der Zielgeraden einer überfrachteten, auszehrenden Saison. In der 47. Kalenderwoche des Jahres fehlen nach ununterbrochenem Wettkampfgeschehen die meisten Branchengrößen in Málaga, mit dem Amerikaner Taylor Fritz und dem Kanadier Félix Auger-Aliassime gehen nur zwei Top-Ten-Spieler bei der Finalrunde an den Start.

Die ganz großen Namen fehlen allesamt – aus den verschiedensten Gründen. Novak Novak Đoković’ serbische Auswahl ist nicht qualifziert, Daniil Medwedews russisches Team ist vom Wettbewerb ausgeschlossen, ein Altvorderer wie Rafael Nadal erspart sich die späten Turnierqualen. Besonders schmerzlich für Gastgeber Spanien ist das Fehlen des verletzten Wunderkinds Carlos Alcaraz: Der 19-Jährige, der die Saison als US-Open-Champion und Nummer eins der Weltrangliste beschloß, kann allenfalls als prominentester Fan in Málaga wirken.

Auch Deutschland muss auf seinen Besten verzichten. Für Alexander Zverev kam die Davis-Cup-Endrunde noch zu früh bei seinem Comebackanlauf, der Hamburger wird erst bei Schaukämpfen in Saudi-Arabien und Dubai später im Jahr wieder auf den Centre Court marschieren. Teamchef Michael Kohlmann rechnet sich heute dennoch Außenseiterchancen gegen Kanada (mit Auger-Alias­sime und Denis Shapavalov) aus, auch wegen des Weltklassedoppels Kevin Krawietz/Tim Pütz. Doch um das Pärchen erfolgversprechend ins Spiel zu bringen, muss erst mal ein Sieg im Einzel her, entweder von Oscar Otte oder Jan-Lennard Struff. Saison-Emporkömmling Otte sagt: „Ich glaube an unseren Sieg. Für mich ist dieser Auftritt das Highlight des Jahres.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.