Konflikt in Kosovo: Nummernschild-Streit eskaliert

In Nordkosovo boykottieren Ser­b:in­nen wegen eines Streits um Autokennzeichen staatliche Ämter. EU und Nato warnen vor neuer Gewalt.

Menschen halten bei einer Protestaktion in Kosovo serbische Flaggen

Protest mit serbischer Flagge am Sonntag in der nordkosovarischen Stadt Mitrovica Foto: Ognen Teofilovski/reuters

BELGRAD taz | Der Streit um Autokennzeichen im Kosovo spitzt sich weiter zu. Die Ver­tre­te­r:in­nen der serbischen Bevölkerung im Norden Kosovos sind am Samstag von ihren Ämtern in Polizei, Justiz, Parlament und Kommunen zurückgetreten.

Den Beschluss fällte die von Belgrad unterstützte Partei Srpska Lista bei einem Treffen in der Kleinstadt Zvečan. Unter Beifall legten dort Polizeibeamte symbolträchtig ihre Uniformen ab. Sie folgen damit dem regionalen Polizeidirektor für den Nordkosovo, Nenad Djuric, der zwei Tage zuvor suspendiert worden war. Er hatte sich geweigert, Be­sit­ze­r:in­nen von Autos mit serbischen Kennzeichen zur Nutzung kosovarischer Kennzeichen zu verpflichten.

Im Norden Kosovos nutzen viele Au­to­fah­re­r:in­nen nach wie vor von Serbien ausgestellte Nummernschilder. Seit dem 1. November spricht Pristina dagegen Verwarnungen aus, verlängerte aber gleichzeitig die endgültige Frist zum Wechsel bis zum April 2023. Zuvor hatte es insbesondere von den USA wegen Sicherheitsbedenken Druck auf Pristina gegeben, die Frist zu verschieben.

Im Sommer war es schon zu massiven Protesten und Straßenblockaden gekommen, als Pristina erstmals versucht hatte, die Autokennzeichen zu vereinheitlichen. Laut EU ist diese Praxis rechtens. Umgekehrt lässt Serbien auch keine Fahrzeuge mit kosovarischen Kennzeichen einreisen. Au­to­fah­re­r:in­nen aus dem Kosovo müssen an Serbiens Grenze provisorische Schilder anbringen. Belgrad erkennt die Unabhängigkeit seiner Ex-Provinz bis heute nicht an.

Patrouille von Na­tio­na­lis­t:in­nen

„Seit Beginn der Umsetzung unseres Beschlusses zur Einführung von Autokennzeichen wurde kein einziger Zwischenfall registriert“, schrieb Kosovos Ministerpräsident Albin Kurti am Samstag auf Twitter. „Trotzdem hat Belgrad die Kosovo-Serben eingeschüchtert und angestiftet, unsere Institutionen zu verlassen.“ Belgrad wolle den Kosovo destabilisieren und unter Ser­b:in­nen dort Angst verbreiten, sagte auch Präsidentin Vijosa Osmani. Kosovos Institutionen würden multiethnisch bleiben.

Das Portal istraga.ba zeigte ein Video mit maskierten serbischen Na­tio­na­lis­t:in­nen, die in der Nacht auf Sonntag bewaffnet im Nordkosovo patrouillieren und skandieren: „Wir sind zurück. Kosovo ist Serbien, Krim ist Russland.“

Die internationale Gemeinschaft reagierte am Sonntag besorgt. „Die jüngsten Entwicklungen gefährden die jahrelange Arbeit am Dialog zwischen Belgrad und Pristina. Ich habe beide Seiten dazu aufgerufen, einseitige Aktionen zu unterlassen, die zu weiteren Spannungen führen können“, erklärte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell. Er hatte versucht zu vermitteln. Auch Nato-Vizegeneralsekretär Mircea Geoana forderte Belgrad und Pristina auf, weitere Eskalationen zu vermeiden.

Seit Ende des Kosovokriegs 1999 sind in der nördlichen Stadt Mitrovica von der Nato geleitete Truppen (KFOR) stationiert. Serbiens Präsident Aleksandar Vučić hatte Anfang der Woche die serbische Armee in Alarmbereitschaft versetzt. Für Furore sorgten außerdem Drohnen, die nahe der kosovarischen Grenze auf serbischem Gebiet gesichtet wurden.

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